Die Auswirkung auf die Arbeitswelt wegen der Corona-Krise sind sehr unterschiedlich
Hier könnt ihr das Video zu meiner Rede sehen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir eines in den vergangenen 14 Monaten
gelernt haben, dann ist es, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitswelt sehr unterschiedlich
sind und die Betroffenheit sehr verschieden ist. Die einen sind froh, dass sie sich den
langen Pendelweg zum Arbeitsplatz sparen und im Homeoffice arbeiten können. Auf der anderen Seite
sind es gerade die Menschen, die in ihrem Beruf tagtäglich im Kontakt zu anderen Menschen sind,
im Lebensmitteleinzelhandel, in der Pflege, in den medizinischen Berufen, die stärker betroffen sind.
Genauso wie die medizinischen Auswirkungen einer Corona-Erkrankung die Menschen unterschiedlich
trifft, treffen auch die gesellschaftlichen Auswirkungen nicht alle Menschen gleich. Es ist vielleicht
schon eine Floskel geworden, aber es ist so, dass die Krise wie ein Brennglas für gesellschaftliche
Missstände wirkt. Deshalb muss kluge Politik diesen verschiedenen Herausforderungen auch auf unterschiedliche
Art und Weise begegnen.
Wenn wir allein auf die Arbeitslosenzahlen schauen, dann sehen wir, dass die Auswirkungen auf den
Arbeitsmarkt in Hessen über dem Durchschnitt der Bundesländer liegen. Hinter diesen 5,5 % Erwerbssuchenden
stecken einzelne Schicksale. Auf eine Gruppe möchte ich besonders eingehen. Das
sind die Jugendlichen und die jungen Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen.
Im vergangenen Jahr haben wir einen Rückgang an ausbildungswilligen Betrieben und an Ausbildungsplätzen
festgestellt. Deshalb war es richtig, dass die Landesregierung ein Paket für die Ausbildung
geschnürt hat. Wir werden z. B. mit 11 Millionen € benachteiligte Jugendliche in Ausbildung bringen.
Ganz konkret werden neue Ausbildungsverhältnisse gefördert. Es wird die Verbundausbildung
unterstützt. Betriebe werden mit Zuschüssen motiviert, trotz der schwierigen Lage, in der sie sich befinden,
nicht bei der Ausbildung zu sparen. Für uns ist klar: Wir müssen alles unternehmen, um die schon viel zitierte Generation Corona zu verhindern. Wir können es uns schlicht nicht leisten, hier nachzulassen.
Die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Virus treffen die Arbeitswelt hart. Die Gastronomie ist
seit einem halben Jahr praktisch geschlossen. Die Kulturbranche hat als Erste die Auswirkungen zu
spüren bekommen. Aufgrund des Infektionsgeschehens sind wir noch nicht so weit, dass wir all diese
Maßnahmen über Bord werfen können. Deshalb hat die Landesregierung die Wirtschaft und die Beschäftigten seit Krisenbeginn aktiv unterstützt. Wir waren sehr schnell mit der Umsetzung der Soforthilfen. Gleich in der ersten Phase des Lockdowns haben wir die Unternehmen unterstützt. Durch das Sondervermögen haben wir über 2 Milliarden
€ für Konjunkturimpulse für die hessische Wirtschaft auf den Weg gebracht. Im September hat
Wirtschaftsminister Al-Wazir den Neuen Hessenplan vorgestellt, mit dem drei weitere wichtige Programme
umgesetzt werden. Das ist zunächst einmal der Hessenfonds. Dieser hilft kleinen und mittleren Unternehmen durch Beteiligungen, durch Bürgschaften, um durch die Krise zu kommen. Daran wiederum hängen viele Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Die Hessen-Mikroliquidität ist ein Erfolgsprogramm. Dieses Programm
erfreut sich einer sehr großen Nachfrage, sodass weitere 150 Millionen € für unkomplizierte
und schnelle Kredite bereitstehen. Der dritte Baustein ist die hessische Notfallkasse, die bundesweit
einzigartig ist und die denen hilft, die durch das Raster fallen und für die keines der anderen Hilfsprogramme
passt. Auch diese fangen wir auf.
Seit Beginn der Pandemie haben wir uns in Hessen dafür eingesetzt, dass die Hilfsprogramme des
Bundes auch den Soloselbstständigen helfen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Nicht zuletzt durch den
Druck aus Hessen hat es da endlich Bewegung gegeben. Die neue Starthilfe, die seit mehreren Monaten
zur Verfügung steht, steht auch den Soloselbstständigen offen. Hierzu wurden schon mehr als
10.000 Anträge bewilligt. Rund 60 Millionen € wurden ausbezahlt. Das alles – das will ich hier auch
sehr deutlich sagen – hätte es schon im vergangenen Jahr gebraucht. Das ist ein wichtiger Baustein,
um den Menschen in der Kultur und der Kreativwirtschaft durch die Krise zu helfen.
Mit zahlreichen Schritten wurden auch die Beschäftigten ganz konkret unterstützt. Durch die Übernahme
der Kita-Beiträge von 12 Millionen € pro Monat werden Beschäftigte mit Kindern entlastet. Die kostenfreien
Tests wurden genannt. Im Bereich der Tarifpolitik sind wir auch nicht untätig geblieben. Unabhängig
von Corona haben wir einen Vorschlag vorgelegt, wie das Tariftreue- und Vergabegesetz novelliert
werden soll, für das gerade das Thema Tariftreue zukünftig durch Kontrolle und Nachweisinstrumente
weiter gestärkt wird. Das alles hilft den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch die
Krise.
Anfangs sagte ich, dass Missstände in der Gesellschaft sichtbar wurden und werden. Pflegekräfte und
medizinisches Personal leisten in dieser Pandemie Enormes. Deshalb wurde der Pflegepersonalbonus
vom Land Hessen noch einmal aufgestockt – dieser wurde vom Bund gewährt –, sodass insgesamt
über 3 Millionen € für Pflegekräfte in den hessischen Krankenhäusern bereitstehen. Das ist ein Baustein, der zeigt, wie groß unsere Wertschätzung ist. Infektionsschutz ist auch Arbeitsschutz. Auch Unternehmen sind stärker gefordert, auf den Infektionsschutz zu achten. Eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung vom Februar dieses Jahres ist zu dem
Ergebnis gekommen, dass 86 % der Beschäftigten mit dem Verhalten ihres Arbeitgebers in der Krise
zufrieden sind. Das unterscheidet sich je nach Einkommen. Je höher das Einkommen ist, umso höher
ist auch die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass Geringverdiener
tendenziell stärker betroffen sind – auch wenn es dort immer noch eine Zustimmung von 78 % gibt.
Das zeigt aber auch, dass die Mehrheit der Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommt und sich
um ihre Beschäftigten kümmert. Bei dem Rest müssen wir genau hinschauen, um auch die Arbeitsschutzregelungen,
die Abstands- und Hygieneregelungen, die Maskenpflicht in den Betrieben umzusetzen.
Für uns ist auch wichtig: Das jetzt investierte Geld muss gleichzeitig die Krisenrobustheit und die Resilienz
in der Arbeitswelt stärken. Deshalb investieren wir besonders in die Digitalisierung, beispielsweise
durch die Förderprogramme Distr@l, Digi-Check, das insbesondere kleinen Unternehmen offensteht,
und den Digi-Zuschuss, der insbesondere kleinen Handwerksbetrieben hilft, um Digitalisierungsmaßnahmen
umzusetzen.
Wir wissen, dass der Grad der Digitalisierung mitentscheidend ist für den Erfolg von Unternehmen.
Wir haben Initiativen für Gründungen und Start-ups auf den Weg gebracht, damit trotz Krise eine innovative
Wirtschaft in Hessen erhalten bleibt und damit neue und zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen.
Der schon angesprochene Industrie-Trialog wurde ins Leben gerufen. Mit diesem begleiten wir die
Transformationsprozesse nicht nur in der Automobilindustrie, sondern in der gesamten hessischen Industrie.
Damit werden notwendige Veränderungen besprochen. Damit werden Gewerkschaften, Politik
und Wirtschaft an einen Tisch gebracht. Außerdem nehmen wir eine Krise in den Blick, in der wir schon mittendrin stecken, obwohl sie durch Corona ein Stück weit in den Hintergrund gerückt ist. Das ist die Klimakrise. Zu sinnvollen und wirkungsvollen Konjunkturprogrammen und Investitionen in die Zukunft gehört natürlich auch der Blick
auf die CO2-Emissionen und darauf, wie wir diese reduzieren können. Deshalb haben wir ein Sonderprogramm für Eigenheime aufgelegt, das die Sanierung von Wohngebäuden mit über 25 Millionen € unterstützt. Das stärkt die Handwerksbetriebe vor Ort, das stärkt die Energieberatung, das schafft und unterhält die zukunftsfähigen Arbeitsplätze, die wir dringend brauchen, und das senkt auch noch den CO2-Ausstoß.
Diese Krise macht manche Ungerechtigkeiten schonungslos deutlich, und zu mancher „Normalität“
wollen wir gar nicht mehr zurück. Beispielsweise muss die Wertschätzung der Pflegekräfte bleiben,
und sie muss sich vor allem in langfristigen, dauerhaften finanziellen Verbesserungen zeigen. Dass
Frauen in dieser Pandemie die größere Last tragen, zeigt uns, dass wir hinsichtlich der Gleichberechtigung
der Geschlechter noch viel zu tun haben. Auf der anderen Seite hat die Möglichkeit, im Homeoffice
zu arbeiten, ganz neue Perspektiven geschaffen, unter anderem große Chancen für die ländlichen
Räume eröffnet.
Sehr geehrten Damen und Herren, 14 Monate Pandemie sind kräftezehrend – für die Beschäftigten,
für die Unternehmen, für alle, die im Gesundheitsbereich tätig sind, für uns alle. In Hessen haben wir
umfangreiche Hilfen, Unterstützungen und gesetzliche Erleichterungen auf den Weg gebracht, um die
Folgen dieser Pandemie so gut wie möglich abzumildern – sowohl die wirtschaftlichen als auch die
sozialen und gesellschaftlichen Folgen. Diesen Weg werden wir mit der großen Zuversicht weitergehen,
dass wir durch die Impfkampagne und durch die Testungen diese Krise bald in Griff haben werden.