Erneuerbare Energien sind ein wirksames Mittel gegen steigende Energiekosten
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Wahrscheinlich haben sich noch nie so viele Menschen damit auseinandergesetzt, wie ihre Wohnungen geheizt werden, wie in den letzten Wochen. Auch wenn das eine schreckliche Ursache hat, nämlich den Angriffskrieg auf die Ukraine, dann ist es richtig, sich damit auseinanderzusetzen. Denn noch nie war die Frage der Energieversorgung so wichtig, und zwar aus klimapolitischer Sicht, aus sicherheitspolitischer Sicht und auch aus sozialpolitischer Sicht. Für all diese Punkte gibt es eine Antwort, damit wir nicht weiter vom Gas aus Russland abhängig sind. Damit unsere Energieversorgung sicherer und günstiger wird, brauchen wir Windräder, mehr Fotovoltaikanlagen und Einsparungen und Energieeffizienz. Das sind die wirksamen Mittel in dieser Frage.
Die Preissteigerungen, die wir aktuell erleben, sind nicht die Preissteigerungen der erneuerbaren
Energien. Wir hatten an vielen Tagen in diesem Jahr in Deutschland schon die niedrigsten Börsenstrompreise in ganz Europa. Am 20. März lag z. B. der durchschnittliche Börsenstrompreis in Deutschland bei knapp 50 € pro Megawattstunde. Alle anderen Strompreise in Mitteleuropa waren höher.
In Frankreich lag der Preis pro Megawattstunde bei über 200 €. Das zeigt übrigens auch, dass die
billige Atomkraft einfach ein Märchen ist. Die Preissteigerungen, die wir aktuell erleben, sind noch nicht einmal eine tatsächliche Auswirkung von Knappheit. Wir bekommen ja noch Gas, Steinkohle und Öl aus Russland. Diese Auswirkung, die wir erleben, resultiert allein aus der Angst vor der Knappheit. Seit Beginn des Krieges ist der Ölpreis wieder um ein Drittel gesunken. Die Preise an der Zapfsäule sind es aber ganz offensichtlich nicht. Deshalb ist es gut, das Bundeswirtschaftsminister Habeck das Kartellamt eingeschaltet hat und es keine Tankgutscheine gibt, weil Energiekonzerne nicht auf Kosten der Allgemeinheit die Gewinne abschöpfen dürfen und schon gar nicht Gewinner eines so schrecklichen Krieges sein dürfen.
Zweifellos bringen die hohen Preise für Sprit, Strom und Heizen viele Menschen bei uns in Deutschland
in Not. Je geringer das Einkommen, desto stärker sind die Menschen davon betroffen. Viele
Menschen wissen nicht, wie sie die gestiegenen Preise bezahlen sollen. Das ist nicht nur in Hessen
so, sondern das ist bundesweit der Fall. Deshalb müssen bundesweit Maßnahmen ergriffen werden,
was die Bundesregierung auch bereits tut. Herr Kollege Rock hat schon viele Maßnahmen genannt.
Ich will noch einmal darauf hinweisen: Schon das erste Energiepaket hatte genau die Menschen im
Blick, die wenig oder kein Einkommen hatten: BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger, Rentnerinnen
und Rentner und Wohngeldempfänger. Die EEG-Umlage wird jetzt zum 1. Juli abgeschafft. Die Energiepreispauschale kommt. Pro Kind gibt es 100 €, usw. Diese Maßnahmen – Sie haben sie genannt
– müssen, und das ist ganz wichtig, versteuert werden, und das bedeutet, dass den unteren Einkommensschichten davon mehr bleibt. Das ist gerechte und verantwortungsvolle Entlastungspolitik.
Ein wichtiger Punkt ist die Mobilität. Auch sie wird günstiger – einerseits weil die Energiesteuer auf
Kraftstoffe gesenkt wird, aber gleichzeitig auch weil der ÖPNV massiv vergünstigt werden wird. Ich
finde den Vorschlag der Verkehrsministerkonferenz, dass man komplett auf 0 € geht, noch besser.
Aber egal, wie es kommt, am Ende werden wir einen so günstigen Nahverkehr haben wie noch nie.
Das wird viele Menschen auf den ÖPNV umsteigen lassen können. Damit können sie den teuren Sprit
sparen.
Das sind zielgerichtete und kurzfristige Maßnahmen, die ganz aktuell helfen. Mittelfristig brauchen
wir neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien natürlich mehr eingesparte Energie. Deshalb ist
es auch gut, dass ab nächstem Jahr KfW 55 als Standard für alle Neubauten gilt und dass ab dem
Jahr 2024 beim Austausch von Heizungen überwiegend erneuerbare Heizungen eingebaut werden
können. Denn der Gebäudebereich ist einfach immer noch der Bereich, wo am meisten Energie
verloren geht und wo am meisten aus dem Fenster geheizt wird. Deshalb ist es gut, dass auch da
ganz konkret Maßnahmen ergriffen werden.
Alles in allem hat der Bund Maßnahmen vorgelegt. Auch in Hessen sind wir nicht untätig. Wir bringen
die Energiewende durch die 2-%-Vorrangflächen voran. Wir haben die Genehmigungsbehörden
gestärkt. Wir vergessen den Artenschutz beim Ausbau der Windkraft nicht. Und der PV-Ausbau hat
eine so große Dynamik wie selten zuvor. Auch für die Menschen, die unter den hohen Energiepreisen
leiden, setzt die Landesregierung sich ein – nicht erst seit Beginn des Krieges.
Wir unterstützen die Initiative der Landesregierung, dass mehr Transparenz geschaffen wird, damit
auf einen Blick einsehbar ist, was für eine Beschaffungspolitik der Energieanbieter betreibt, ob er
verlässlich ist und ob er nicht nur auf kurzfristige Profite aus ist. An dieser Stelle muss man sagen: Ein Viertel der Stromverbraucher ist noch im Grundversorgertarif. Das ist der teuerste Tarif, den es bei den Stromanbietern gibt. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Verbraucher-zentralen das Projekt „Hessen bekämpft Energiearmut“ durchführt, wo Beratung stattfindet und wo Transparenz stattfindet, damit die Menschen den Stromtarif wechseln können, damit sie zu einem günstigeren gehen können, der trotzdem verlässlich ist, sodass sie nicht in eine Kostenfalle tappen. Da greift die Politik der Landesregierung ganz konkret.
Ich habe mir den Antrag der LINKEN ganz genau angeschaut, und ich habe gerade auch Ihrer Rede
sehr aufmerksam gelauscht, Herr Kollege Gerntke. Der Antrag ist sehr umfangreich und umfasst zwölf
Punkte. In aller Ausführlichkeit geht es um die Aspekte des Energiekostenanstiegs. Aber mit keinem
einzigen Wort kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Mit keinem einzigen Wort haben Sie
die Energiewende genannt. Das ist schon eine große Kunst, bei diesem Thema die Symptome zu beschreiben, ohne aber die Ursache zu adressieren. Es tut mir leid, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, aber wenn Sie das nächste Mal unsere Klima- oder Energiepolitik kritisieren, dann kann ich Sie da leider nicht mehr ernst nehmen, weil Ihnen das Thema scheinbar völlig egal ist, wenn Sie das so außen vor lassen.
Aktuell sind wir zu abhängig von russischen Gasimporten, um von heute auf morgen diese Importe
zu stoppen. Die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck daran, dass diese einseitige Abhängigkeit
reduziert wird. Es ist kein Geheimnis: Diese Abhängigkeit wurde in den letzten 20 Jahren stetig erhöht.
Als Stichwort brauche ich nur Nord Stream 2 zu nennen.
Beim Gas ist es am schwierigsten, Substitute, also Ersatz, zu finden. Glauben Sie mir, dass mir das
als GRÜNE nicht leichtfällt, wenn ein grüner Bundeswirtschaftsminister nach Saudi-Arabien oder in die
USA reisen muss, um dort dreckiges Flüssiggas zu besorgen. Das ist keine Frage. Es hilft auch nicht,
wenn ich sage: Wir GRÜNE haben schon immer vor der fossilen Abhängigkeit gewarnt. – Es bleibt
uns schlichtweg im Moment nichts anderes übrig.
Aber gut ist, dass Robert Habeck gleichzeitig auch eine Strategie mitdenkt, den grünen Wasserstoff
im Blick hat und die Zukunft mit plant. Denn das Ziel ist doch nach wie vor dringender denn je: Wir
brauchen 100 % erneuerbare Energieversorgung. Das ist doch völlig klar. Wirksame Waffen gegen Putin sind nicht nur Sanktionen, sondern auch Solaranlagen, gedämmte Häuser, Wärmepumpen und Windparks. Daran arbeiten wir in Hessen auch mit Unterstützung des Bundes. Da merken wir: Wir müssen auf allen Ebenen schneller werden. Wir brauchen diese Maßnahmen, und wir brauchen dieses Vorankommen – sowohl sozialpolitisch, um eben eine Entlastung für die unteren Einkommensschichten zu bekommen, damit die Energiekosten sinken, aber auch klimapolitisch mehr denn je, damit wir die schlimmsten Folgen der Klimakrise noch abmildern können, und wir brauchen sie sicherheitspolitisch, um unabhängiger von Energie aus Russland zu werden. – Vielen Dank.