Fraktion der Freien Demokraten: Hessen darf Wirtschaftswende nicht ausbremsen – Landesregierung muss Entlastungsblockade bei Wachstumschancengesetz im Bundesrat aufgeben (Drucks. 21/245)
Zu diesem Setzpunkt der Freien Demokraten wird Tagesordnungspunkt 46 aufgerufen:
Dringlicher Entschließungsantrag Fraktion der CDU, Fraktion der SPD: Erweiterung des Wachstumschancengesetzes für mehr Entlastungen und Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Unternehmen (Drucks. 21/333)
Meine Rede hierzu:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!
Die wirtschaftliche Situation ist aktuell wirklich keine einfache, auch wenn im öffentlichen Bewusstsein der Krieg in der Ukraine in den Hintergrund gerückt ist. Der Krieg in der Ukraine beschäftigt uns immer noch, die Auswirkungen von Corona sind immer noch spürbar, Lieferengpässe und Energiekrise sind immer noch bemerkbar, und hinzu kommt, dass der gesamte Welthandel zurückgegangen ist. Das spüren wir als Exportnation natürlich besonders.
Herr Kollege Stolz, historische Vergleiche sind immer gefährlich. Ich kann Ihnen sagen: Ihr Vergleich eben war komplett daneben. Wir sind nicht in der schlimmsten wirtschaftlichen Situation in der Geschichte Deutschlands. Das kann man so nicht stehen lassen. Im Gegenteil, die Bundesregierung arbeitet gerade mit Hochdruck daran, die Versäumnisse, die in den letzten 16 Jahren durch die CDU-geführte Bundesregierung entstanden sind, aufzuholen. Das sind Ihre Fehler, die wir hier gerade ausbaden.
Sie haben Japan als schillerndes Beispiel genannt. Das fand ich schon erstaunlich. Japan ist gerade auf Platz 4 der größten Volkswirtschaften zurückgefallen und Deutschland auf Platz 3 aufgestiegen. Japan hier als Beispiel zu nennen, ist nun wirklich nicht das, was hier richtig ist. Aber wir sind uns einig: Deutschland braucht Wachstumsimpulse. Dafür ist das Wachstumschancengesetz ein Baustein. Deshalb ist es absolut unverständlich, dass die Union im Bundestag und auch die CDU-geführten Bundesländer diesem Gesetz schlichtweg immer noch ihre Zustimmung verweigern. Was enthält das Gesetz? Kollege Naas hat es gesagt: in erster Linie viele steuerliche Anreize, Verbesserungen, Erleichterungen; zum Beispiel sollen die degressiven Abschreibungen eingeführt werden, damit der Wohnungsbau, explizit der Mietwohnungsbau, Fahrt aufnimmt. Das ist auch Ziel der Landesregierung. Wenn mehr gebaut wird, hilft das nicht nur dem knappen Wohnungsmarkt und schafft dringend notwendigen Wohnraum, sondern es hilft auch der schwächelnden Bauwirtschaft. Die Bauwirtschaft ist genau die, die sagt: Dieses Gesetz sorgt für weniger Bürokratie, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, und deshalb ist es so wichtig für uns in Hessen. Aber diese Erleichterungen verhindert die CDU gerade auf allen Ebenen. Erst wird das Gesetz auf Drängen der CDU kleiner gemacht und zusammengekürzt, und jetzt wird es immer noch blockiert. Die SPD in Hessen macht das anscheinend alles mit. Der SPD-Wirtschaftsminister ist nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für das Thema Woh-nen zuständig. Er schaut aber offensichtlich tatenlos zu. Die CDU nimmt damit ein ganzes Land in Geiselhaft. Das ist nie in Ordnung, schon gar nicht in Zeiten wie diesen, den wirklich ernsten Zeiten, in denen wir uns befinden. Es ist das Letzte, was die Unternehmen gebrauchen können und die Gesellschaft und die Menschen vor Ort gebrauchen können. Das zeigt auch der Brief der Wirtschaftsverbände. Über 18 Verbände aus der Wirtschaft, aus kleinen und mittleren Unternehmen, der Digitalwirtschaft, der Baubranche, des Handwerks, der Handelskammern usw. appellieren an die Opposition im Bundestag, die Blockade zu diesem Gesetzentwurf sofort aufzugeben. Unter der Überschrift „Wachstumschancengesetz verabschieden. Wir fordern die Auflösung der Blockade im Bundesrat“ wenden sie sich an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten. Ich zitiere daraus: „Politik muss jetzt insgesamt Verantwortung zeigen. Es geht nicht um Regierung oder Opposition, sondern es geht um Verantwortung für die Menschen in unserem Land.“ Das sagen die Verbände. Wie reagiert der Hessische Ministerpräsident auf diesen wirklich eindrücklichen Appell? Ich würde sagen, wie eine Dreijährige in der Trotzphase. Angesprochen auf diese Kritik im „ZDF-Morgenmagazin“ sagte der Ministerpräsident: „Jetzt wollen wir die Kirche mal im Dorf lassen. Jetzt ist auch mal gut mit dem, was die Wirtschaft da erzählt“.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Wirtschaft ruft um Hilfe, und der Hessische Ministerpräsident wertet deren Anliegen ab und sagt: „Jetzt ist auch mal gut“. Sehr geehrte Damen und Herren, die hessische Wirtschaft braucht einen Ministerpräsidenten, der sich für sie einsetzt. Wenn Sie schon nicht auf die Unternehmen hören, dann vielleicht auf Ihren Parteifreund Christoph Ahlhaus, früher Erster Bürgermeister von Hamburg, jetzt beim Mittelstandsverein, der Ihnen vorwirft, das aus reinem Politikränkespiel zu machen. Er sagt: „Wer so was tut, wird seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht und muss sich auch die Frage stellen, ob er zum jetzigen Zeitpunkt schon regierungsfähig ist.“
Da muss ich sagen: Ich kann mich Ihrem CDU-Kollegen nur anschließen.
Das Ganze wird noch absurder, wenn man hört, dass Sie das Gesetz gar nicht insgesamt ablehnen; Ihnen ist es eigentlich viel zu klein. Sie wollten ursprünglich viel mehr und sagen, das reiche alles nicht. Trotzdem blockieren Sie es. Sie haben es eben wiederholt, der Grund für Ihre Blockade ist, dass Sie die Rücknahme der Streichung der Dieselsubventionen fordern. Diese beiden Themen werden am 22. März im Bundesrat überhaupt nicht verknüpft. Am 22. März, morgen in einer Woche, wird im Bundesrat das Wachstumschancengesetz zur Abstimmung stehen. Der Bundeshaushalt ist beschlossen. Es wird am Freitag, den 22. März, um das Wachstumschancengesetz gehen. Da ist es wichtig, dass Hessen, dass der CDU-Ministerpräsident diese Blockade aufgibt.
Uns allen ist klar: Das Wachstumschancengesetz ist kein Allheilmittel, sondern ein Baustein von vielen. Auch das Land kann dazu einen Beitrag leisten – wir reden gleich noch über die Weiterentwicklung der Schuldenbremse. Aber ich möchte hier auch sagen: Wachstumsimpulse und Transformations-unterstützung auf der einen Seite und die strikte Einhaltung der Schuldenbremse auf der anderen Seite sind nur schwer kombinierbar. Wir stehen vor dem größten Umbau unserer Wirtschaft seit der industriellen Revolution. Das lässt sich nicht so einfach aus der Portokasse finanzieren. Das haben auch andere Länder schon längst erkannt. Die USA zum Beispiel zielen mit ihrem Inflation Reduction Act genau darauf ab. Auch in Europa brauchen wir Transformationsfonds und Unterstützung für die europäische und die deutsche Wirtschaft, und auch hier in Hessen brauchen wir einen Investitions-, einen Trans-formationsfonds, der die Unternehmen bei diesem Umbau unterstützt.
Das ist nicht nur wichtig, damit wir unsere Klimaziele erreichen – das ist hoffentlich allen klar –, sondern auch, damit hier Klimatechnologien entstehen. Denn jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die Unternehmen entscheiden, ob sie die Produktion hier umbauen oder ins Ausland gehen. Deshalb ist es jetzt so wichtig, auch in Hessen einen Transformationsfonds aufzusetzen.
Wir haben uns Ihre „11+1 für Hessen“-Projekte ganz genau angeschaut und man muss sagen, der Transformationsfonds – auch wenn die Kollegin Barth gerade noch einmal bestärkt hat, wie wichtig dieser der Landesregierung sei – findet sich dort einfach nicht wieder. Aber man muss doch dann spätestens im Nachtragshaushalt schauen, dass die Mittel dafür bereitgestellt werden. Ich hoffe, ich habe Sie eben falsch verstanden, als Sie gesagt haben, Sie werden sich die bestehenden Förderprogramme anschauen; denn am Ende darf es dann nicht so sein, dass alle Förderprogramme zusammengemischt werden und dann als neuer Transformationsfonds verkauft werden. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Wir werden ganz genau hinschauen, was da am Ende steht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein „Weiter so“ reicht nicht mehr. Wir müssen die Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft aktiv unterstützen. Dafür braucht Hessen einen Transformationsfonds, um Unternehmen auch in Zukunft nicht alleinzulassen. Mein Appell ist: Herr Ministerpräsident Rhein, handeln Sie jetzt. Blockieren Sie nicht weiter das Wachstumschancengesetz im Bundesrat, und sorgen Sie dafür, dass die Unternehmen auch in Hessen eine Perspektive erhalten und der Transformationsfonds kommt. – Vielen Dank.
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