Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Ich beginne einmal mit etwas Positivem. Dass überhaupt die Transformation der hessischen Wirtschaft weiter auf der Agenda der hessischen Wirtschaftspolitik steht, ist ausdrücklich gut, ist ausdrücklich richtig. Auch dass der neue SPD-Wirtschaftsminister viele Initiativen weiter fortsetzen will, die unter einem grünen Wirtschaftsminister ins Leben gerufen wurde, zeigt, dass die Politik der vergangenen Jahre gar nicht so falsch gewesen sein kann, wie es die SPD damals immer behauptet hat. Aber wir finden das gut.
Wir leben in unsicheren Zeiten. Wir müssen uns anstrengen, damit wir wirtschaftlich stark bleiben. Hessen ist wirtschaftlich ein starkes Land. Zudem haben wir mit der Erreichung der Dekarbonisierung der Unternehmen sehr große Aufgaben vor uns. Deshalb reicht ein „Weiter so“ einfach nicht mehr. Wir müssen die Investitionen in die klimaneutrale Wirtschaft aktiv unterstützen, aber nicht nur, um die Klimaziele zu erreichen, sondern damit hessische Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, damit die Wertschöpfung auch in Zukunft hier in Hessen stattfindet, damit in Zukunft auch in Hessen die Arbeitsplätze entstehen, damit Produktion und Innovation made in Hessen passieren. Dafür braucht Hessen einen ordentlichen Transformationsfonds, um Unternehmen bei den großen Zukunftsinvestitionen, die anstehen, nicht alleinzulassen. Die Koalition – das hat man eben auch gehört – kann nicht sagen, ob sie einen solchen schafft, ob der Hessenfonds genau das ist – das wurde noch nicht deutlich –, wann er kommt, und erst recht nicht, in welcher Höhe ein Transformationsfonds kommt. In Zeiten, in denen Unternehmen lautstark nach verlässlichen Perspektiven rufen, ist das das falsche Signal und strahlt eine Unsicherheit aus, die wir aktuell nicht gebrauchen können.
Schauen wir uns den Antrag einmal an. Es ist gut, dass auf den Zukunftsrat Wirtschaft gehört werden soll, wenn auch nur punktuell, aber wir sind gespannt. Es ist auch richtig, dass der Industrietrialog weitergeführt wird. Auch das ist eine Initiative der vergangenen Jahre, die seinerzeit von uns in den Koalitionsvertrag gebracht wurde. Außerdem ist es natürlich richtig, dass die regionalen Transformations-netzwerke, in Hessen auch schon existieren. Die regionalen Transformationsnetzwerke spielen auch auf Landesebene eine Rolle. Die haben wir schon, und die brauchen wir auch weiterhin. Alles Initiativen, die in den vergangenen zehn Jahren durch GRÜNE entstanden sind. Das waren in den vergangenen zehn Jahren auch ausdrücklich die richtigen Initiativen, um die hessischen Unternehmen zu sensibilisieren, was die Klimaziele bedeuten, was auf die hessische Wirtschaft zukommt, um Strukturen zu schaffen und Netzwerke zu knüpfen. Jetzt sind wir aber doch längst einen Schritt weiter. Die Unternehmen sind einen Schritt weiter. Sie haben Ideen. Sie haben konkrete Konzepte. Sie haben Vorschläge, wie der Wirtschaftswandel stattfinden kann. Dafür brauchen sie finanzielle Mittel. Für die Transformation sind große Investitionen notwendig. Da braucht es eine starke Landesregierung. Da sehe ich bisher noch ein blankes Papier. Ich kann Ihnen das auch an einem Beispiel zeigen. Wir brauchen den Transformationsfonds für die Investitionen in Wärmenetze. Die Wärmeplanung in den Kommunen findet jetzt statt, um die Wärmeversorgung auf erneuerbare Wärme und Energie umzustellen. Diese Pläne dürfen am Ende nicht im Papierkorb landen. Die Investitionen, die sich daran anschließen, müssen unterstützt werden. Sonst landen die Pläne in der Tonne, weil die Investitionen langfristig natürlich wirt-schaftlich sind, es im Moment aber eine gewisse Unterstützung braucht, eine gewisse Vorfinanzierung. Wir wissen alle, die Wärmewende bzw. die Energiewende ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Das zählt zu den großen Infrastrukturaufgaben unserer Zeit. Im vergangenen Winter haben wir gemerkt, wie eng die Energieversorgung mit der Wettbewerbsfähigkeit zusammenhängt. Deshalb ist die Umstellung auf erneuerbare Energien eine zentrale Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und in Hessen. Jetzt können Sie sagen: Die GRÜNEN fordern das, was sie immer fordern, nämlich eine Energie- und Wärmewende. Ich kann Ihnen aber auch anhand anderer Beispiele zeigen, wie wichtig ein solcher Transformationsfonds ist, beispielsweise anhand des Kalibergbaus. Das Kaliwerk Wer-ra in Osthessen soll zukunftsfest gemacht werden. Dafür braucht es große Investitionen. Die Pläne liegen auf dem Tisch. Es soll langfristig dekabonisiert werden, um effizienter zu arbeiten und um die Arbeitsplätze in der Region langfristig oder länger zu sichern. Ich bin sicherlich keine glühende Verfechterin der Kaliindustrie, aber mir liegt etwas daran, dass alle Branchen eine Chance bekommen und dass gerade Regionen wie Nordosthessen durch die Transformation nicht abgehängt werden.
Wir müssen doch erkennen: Die Transformation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und findet in allen Branchen statt. Dafür braucht es eine aktive Unterstützung, Netzwerke, Strategien, Kommissionen – all das, was Sie im Antrag geschrieben haben. Die gab es aber schon, und sie haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet. Sie haben auch davon gesprochen, dass Sie sichere Arbeitsplätze in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit stellen wollen. Sie haben von Zuversicht gesprochen, Frau Barth. Das finde ich gut. Ich sage ausdrücklich: Beim Schutz der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte haben Sie uns GRÜNE an Ihrer Seite. Gerade aktuell ist es wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Sicherheit zu geben und die Unternehmen bei ihrer Investitionstätigkeit zu unterstützen.
Andere Länder sind uns da voraus. Das Saarland – das Saarland! – hat einen Transformationsfonds in Höhe von 3 Milliarden Euro – 3 Milliarden Euro! – aufgelegt. NRW hat 4,2 Milliarden Euro, und selbst Bayern hat 200 Millionen Euro in den jeweiligen Transformationsfonds eingebracht. Wir haben das gesamte letzte Jahr über die Transformation und über einen Transformationsfonds diskutiert. Der DGB hat Vorschläge gemacht. Die SPD hat sogar einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einge-bracht. Wir haben vorgeschlagen, einen Fonds im Umfang von 6 Milliarden Euro einzurichten. Für die SPD – genauso wie für uns – war das ein zentrales Wahlkampfversprechen. Herausgekommen ist aber nichts. – Im Koalitionsvertrag ist von einem Hessenfonds die Rede, seine finanzielle Ausstattung wurde aber nicht vereinbart. Für einen Transformationsfonds ist aber die Vereinbarung des Umfangs der in ihm enthaltenen Mittel elementar. Es wurde noch nicht einmal vereinbart, wofür dieser Fonds da ist. Deshalb wird gerade überall erzählt: „Dafür haben wir den Hessenfonds, der dann dafür da sein wird.“ Das ist auch heute wieder gesagt worden. Ich habe den Eindruck, die Ziele der CDU und der SPD laufen an der Stelle dia-metral auseinander. Das schafft doch keine Ordnung und Sicherheit, das schafft eher Unordnung.
Ich sehe schon, am Ende kommt es wie beim Ladenöffnungsgesetz. Das haben wir ja gestern in der Debatte erlebt. Der Koalitionsvertrag ist schwammig formuliert, und die Ziele von CDU und SPD sind so unterschiedlich, dass erst einmal gar nichts passiert. Das ist ein Stillstand à la Hessenkoalition. Ich hoffe aber, dass es nicht so kommt; denn die Wirtschaft braucht ein ordentliches Konzept, einen ordentlichen Transformationsfonds. Ich wollte eigentlich noch ein paar Worte zu dem Antrag und zu seinen Formulierungen sagen. Ich habe leider nicht mehr viel Zeit; deshalb will ich nur so viel sagen: Mein Highlight in dem Antrag war die Formulierung: Der Landtag ermuntert die Landesregierung – –
Ich habe einmal versucht, meine Kinder zum Aufräumen zu ermuntern. Ich kann Ihnen sagen: Das klappt nicht.
Ich komme zum Schluss: Ein „Weiter so“ reicht nicht mehr. Wir müssen die Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft aktiv unterstützen, damit die hessische Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Dafür braucht Hessen einen Transformationsfonds.
Ich fordere Sie auf, ich ermutige Sie: Legen Sie ein Konzept vor, damit wir bei dieser Transformation die Planungssicherheit haben, die die Unternehmen brauchen. – Vielen Dank.
Stephan Grüger (SPD):
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kinkel, wir hätten das mit einer Zwischenfrage selbstverständlich schnell klären können; aber ich habe mich zu einer Kurzintervention entschlossen, weil ich sagen muss: Das, was Sie gerade gemacht haben, war eine Chuzpe. Sie fordern nämlich, dass der Transformationsfonds längst hätte umgesetzt werden müssen. Bis vor Kurzem haben Sie hier im Land noch regiert. Es gab einen grünen Wirtschaftsminister, und Sie haben unseren Antrag, einen Transformationsfonds einzuführen, mehrfach abgelehnt. Jetzt haben wir einen Koalitionsvertrag, in dem es um einen solchen Transformationsfonds geht. Er nennt sich Hessenfonds und hat zwei Säulen. Die eine Säule bildet die Transformation – also Veränderungsprozesse –, die andere Säule bilden Innovationen. Selbstverständlich wird es diesen Fonds geben, selbstverständlich werden wir das umsetzen. Dass das im Koalitionsvertrag steht und dass sich die Koalitionspartner darauf geeinigt haben, das zu machen, ist weit mehr als das, was Sie in der ganzen letzten Legislaturperiode hinbekommen haben. – Vielen Dank.
Vizepräsidentin Dr. Daniela Sommer:
Frau Kinkel, Sie haben die Möglichkeit, zu erwidern. Bitte schön.
Kaya Kinkel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Grüger, zunächst bitte ich Sie, mir nicht das Wort im Mund herumzudrehen.
Ich habe Sie aufgefordert, ein Konzept vorzulegen. Ich habe deutlich gemacht, wie wichtig ein solcher Transformationsfonds für die hessischen Unternehmen und auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Ich habe auch gesagt, dass die Aussagen, die wir bisher von Ihnen gehört haben oder der Rede von Frau Barth oder dem Koalitionsvertrag entnehmen konnten, nicht ausreichen, um den hessischen Unternehmen in dieser Sache Sicherheit zu geben. Das reicht einfach nicht.
Deshalb noch einmal die Bitte, dieses Thema als eine Priorität zu begreifen, ein Konzept vorzulegen, wie ein Transformationsfonds aussehen soll, und vor allem zu sagen, was darin enthalten ist. Können wir über den Fonds die Wärmenetze dekarbonisieren? Können wir aus dem Fonds die Kaliindustrie unterstützen? Können wir den Unternehmen, die gerade riesige Investitionen tätigen, Planungssicherheit geben? Das war mein Anliegen, und ich hoffe, das ist deutlich geworden. Ich bitte aber, mir nicht das Wort im Mund herumzudrehen.
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