Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Die Wirtschaft wandelt sich. Das merken wir überall, und das merken natürlich auch die Unternehmen. Die Unternehmen wissen heute, dass sie sich klimaneutral aufstellen müssen. Und das nicht nur, weil wir das Hessische Klimagesetz haben, weil wir Bundes-Klimaziele haben, sondern auch, weil es notwendig ist, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Das wissen hessische Unternehmer. In Richtung Herrn Lichert möchte ich den Unternehmer Harald Christ zitieren, der in dieser Woche in einem großen
Interview im „Handelsblatt“ sagte, dass die AfD der Grund ist, der uns Wohlstand kostet, weil wir in Deutschland von globaler Vernetzung und von Innovationen leben und unser Geschäftsmodell auf Toleranz und auf Weltoffenheit beruht. Mit diesem völkischen und nationalen Gedankengut
werden wir ins wirtschaftliche Mittelalter zurückfallen. Wenn Sie sich also hier als Retter der Wirtschaft aufspielen, dann kann man nur sagen: Die Partei, die die Wirtschaft und auch die Gesellschaft in Deutschland gefährdet, ist einzig und allein die AfD.
Wir sehen, dass wir die Unternehmen in dem Transformationsprozess unterstützen müssen. Das tun wir auch schon, und dafür macht die Landesregierung auch schon einiges. Ich denke an die Beratungs-angebote, z. B. die Servicestelle „Wirtschaftswandel“. Ich denke an die Förderprogramme zum Thema Energieberatung, zum Thema Ressourceneffizienz. Das alles ist schon lange Bestandteil der hessischen
Wirtschaftspolitik. Nur, weil wir nicht obendrüber schreiben: „Das ist Transformationspolitik“, heißt es nicht, dass es das nicht ist. Denn es bringt ganz konkret die Transformation in den Unternehmen voran, und das schon in den letzten zehn Jahren, sehr geehrte Damen und Herren. Das Positive ist: Die allermeisten Unternehmen gehen diese Veränderungen aktiv an. Gestern Abend beim Rheingauer
Dialog mit den Handwerkern habe ich mit einem Vertreter des Kfz-Gewerbes gesprochen, eine schwierige Branche, die vor großen Herausforderungen steht. Auch dort ist klar, dass es Erneuerungen geben wird und geben muss, dass die Elektromobilität das klassische Geschäftsmodell grundlegend verändern wird und dass es keine Lösung ist, die Augen vor diesen Veränderungen zu verschließen.
Wir haben in Hessen bereits ein umfassendes Instrumentarium, um bei der Transformation zu unterstützen. Als Grundlage dient das Klimagesetz, das festlegt, dass wir in Hessen bis 2045 klimaneutral sein werden. Das ist ein wichtiger Grundpfeiler, weil das Wichtigste für die Unternehmen die Planungssicherheit ist. So wissen alle Unternehmen, vom Großkonzern Kali + Salz bis zur Drogerie-marktkette um die Ecke, dass sie bis 2045 klimaneutral sein müssen. Dazu gibt es den Klimaplan; denn wir wissen, ein Ziel ohne Plan ist nur ein frommer Wunsch. Man muss auch etwas tun, um die Ziele zu erreichen. Ganz konkret stellen wir für die Transformation und für den Klimaschutz Mittel im Haushalt bereit. Mathias Wagner hat es gesagt: Wir haben 1,8 Milliarden € in diesem Doppelhaushalt zur
Verfügung gestellt. Dagegen sind die 200 Millionen €, die in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen sind, nur eine kleine homöopathische Dosis. Wir reden über den Vorschlag des Transformationsfonds. Auch ein Transformationsfonds ist ein wichtiger Vorschlag. Ich begrüße diesen Vorschlag ausdrücklich. Es ist
übrigens keiner, der von der SPD kommt; das hat die SPD nicht erfunden. Wir haben das auch schon vor einiger Zeit in die Diskussion geworfen. Auch der DGB diskutiert darüber. Unserer Ansicht nach muss aber ein solcher Transformationsfonds genügend Geld bereitstellen, um Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung und vor allem in Unternehmen zu unterstützen.
Da muss man klar sagen: Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD, über den wir heute reden, ist nicht nur sehr vage und unpräzise formuliert. Er ist mit den zwei oder drei Seiten auch ziemlich übersichtlich. Er schließt gleichzeitig sehr viele Unternehmen – kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups und Selbstständige – von diesem Transformationsfonds aus. Darüber hinaus bleibt unklar, woher das
Geld überhaupt kommen soll. Das ist auch unbeantwortet. Mit den von Ihnen vorgeschlagenen harten Kriterien kann ein solcher Transformationsfonds einfach nicht funktionieren. Das wurde in der Anhörung auch deutlich. Nahezu alle Verbände, alle Expertinnen und Experten haben sich gegen Ihren Gesetz-entwurf ausgesprochen. Es gab heftige Kritik. Eigentlich niemand hat dem Gesetzentwurf zugestimmt,
und zwar nicht, weil die Idee des Transformationsfonds nicht gut ist, sondern weil der vorliegende Gesetzentwurf schlecht gemacht ist.
Die hessischen Handwerkskammern bemängeln, dass im Gesetzentwurf nicht klar definiert ist, welche konkrete Förderung vorgesehen ist, wo die Abgrenzung zu bereits bestehenden Förderprogrammen und ‑maßnahmen ist. Vor allem kritisiert wurden die Kriterien, die Sie einziehen, die erhebliche Zugangs-beschränkungen für Unternehmen, Handwerker und Start-ups bedeuten, weil nämlich eine der Voraussetzungen ist, dass Unternehmen Tarifverträge haben und Ausbildung anbieten. Damit wird ein riesiger Teil hessischer Unternehmen, gerade Klein- und Kleinstunternehmen, von diesem Transformationsfonds ausgeschlossen. Wir sind ausdrücklich dafür, dass wir in Hessen eine höhere,
flächendeckendere Tarifbindung erreichen. Das möchte ich ausdrücklich sagen. Aber das erreichen wir doch nicht, indem wir alle Unternehmen, die keinen Tarifvertrag haben, die keinen Betriebsrat
haben, in diesem Transformationsprozess einfach alleinlassen. Damit geht das Gesetz an der Wirklichkeit der Unternehmen einfach vorbei.
Ein weiterer Punkt ist die Bestands- und Standortgarantie, die Sie für alle Empfänger der Transformations-mittel fordern. Auch darüber haben wir hier schon ein paarmal diskutiert, und auch das wurde in der Anhörung kritisiert. Kein Unternehmen kann in schwierigen Zeiten wie der Energiekrise, wie der Corona-Krise und erst recht nicht in einem solchen Veränderungsprozess wie einer Transformation seriös und verlässlich Garantien geben, dass alle Beschäftigten an diesem Standort in diesem Umfang in der Zukunft weiterbeschäftigt werden. Das ist völlig realitätsfern. Daher wird kein Unternehmen solche Risiken
eingehen, vor allem, wenn dann noch mit Sanktionierung gedroht wird, wie im Gesetzentwurf vorgesehen. Damit ist dieser Transformationsfonds mit den 200 Millionen € vielleicht doch ausreichend ausgestattet, weil einfach kein Unternehmen diese Mittel abrufen wird, da es nicht in die Gefahr der Sanktionen kommen will.
Es lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Gesetzentwurf nicht den Anforderungen gerecht wird, die ein effektiver, wirksamer Transformationsfonds erfüllen soll. Es fehlt an Klarheit, es fehlt an Präzisierung, was genau und vor allem wer gefördert werden soll. Auch die Finanzierung ist völlig unklar. Aus unserer Sicht sind die Kriterien so, dass sie an der Wirklichkeit der Unternehmen vorbeigehen. Wir GRÜNE sind der festen Überzeugung, dass wir einen Transformationsfonds brauchen, um die Klimaneutralität
zu erreichen. Allerdings muss ein solcher Fonds gut durchdacht werden, um den Bedürfnissen aller Unternehmen, die vor den Transformationsvoraussetzungen stehen, wirklich gerecht zu werden, ohne auf dem Weg zur Klimaneutralität die links liegen zu lassen, die keine Tarifbindung haben. Daran wollen wir auch in der nächsten Legislaturperiode arbeiten, am liebsten mit Tarek Al-Wazir in der Staatskanzlei.
Wir haben hierfür in den letzten Jahren eine gute Grundlage geschaffen. – Vielen Dank.
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