Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Gerade diese Woche kann man eigentlich keine Rede zur Energiewende beginnen, ohne auf die Wetterereignisse in der letzten Woche einzugehen. Wir haben gesehen: In Nordhessen, rund um Kassel, standen Straßen und Kitas unter Wasser. Ganze Ernten sind vernichtet worden, und golfballgroße
Hagelkörner haben wirklich riesige und vor allem sehr teure Schäden hinterlassen. Dieses Unwetter hat uns einmal wieder sehr deutlich gezeigt, dass die Extremwetterereignisse, vor denen wir warnen, die häufiger werden durch die Klimakrise, schon längst da sind. Deshalb müssen wir schneller und präziser
handeln, was die Energiewende angeht. Deshalb denken wir die Energiewende ganzheitlich, von
den erneuerbaren Energien Wind und Sonne bis zur Energieeffizienz. Auch lassen wir die Gebäude-dämmung und Gebäudeeinsparung nicht außen vor. Dazu gehört auch die Transformation der Wirtschaft – darüber haben wir heute Morgen gesprochen – sowie, dass wir die Art und Weise, wie wir unsere Gebäude beheizen, auf andere Füße stellen als auf Öl und Gas. Denn im letzten Winter haben wir
gesehen, welche Probleme uns die fossile Abhängigkeit gebracht hat. Der Punkt ist: Es gibt genügend Alternativen.
Im Hessischen Energiegesetz haben wir schon im letzten Jahr beispielsweise festgelegt, dass die Kommunen ab 20.000 Einwohnern eine kommunale Wärmeplanung machen müssen. Sie müssen dann genau aufzeigen, wo die Wärmeerzeuger sind, wo man Abwärme nutzen kann, weil es einfach notwendig ist, sich mit dem Gedanken zu beschäftigen, Wärme nicht mehr dezentral, sondern zentral, in Netzen, zu denken, gerade in städtischen Gebieten, wo es eine hohe Siedlungsdichte gibt. Natürlich ist das auch mit hohen Investitionen verbunden. Das treibt die Energieversorger um, und dem müssen wir begegnen. Das macht aber einfach Sinn; denn es gibt viele Potenziale, gerade in Frankfurt, wenn wir uns anschauen,
wie viele Rechenzentren dort ihre Abwärme ungenutzt in die Luft pusten, oder wenn wir die Industrie betrachten, die Abwärme abzugeben hat. Daher macht es Sinn, zu schauen, wie man das zusammen-bringen kann. Natürlich gehört dazu auch, zu schauen: Was sind die Potenziale, die in der Erde schlummern? Was sind die Potenziale von Geothermie, und was kann diese zu Wärmenetzen beitragen?
Damit sind wir beim Antrag der FDP, der passend zum Thema aus viel heißer Luft besteht. Aber wir kennen Ihre Kampagne ja und wissen, dass die FDP öfter mal auf heiße Luft setzt. Geothermie bedeutet,
die Wärme in der Erde nutzbar zu machen. Das passiert durch Bohrungen in die Erde. Dabei müssen natürlich alle Belange wie das Grundwasser, die Geeignetheit der Gesteinsschichten und die geo-thermischen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt werden; denn zur Wahrheit gehört auch: Vor allem die tiefe Geothermie, die Sie im Antrag ansprechen, ist nicht überall verfügbar und nicht überall
wirtschaftlich. Es kommt einfach auf die Gegebenheiten vor Ort an. Ein Projekt, wo Geothermie sehr gut nutzbar gemacht wurde, gibt es beispielsweise in Südhessen, in Heubach, wo mit der Unterstützung des Landes Hessen ein ganzer Industriebetrieb mit Geothermie versorgt wird. Dies war eines der ersten Projekte und zeigt, dass Geothermie schon lange ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil der
hessischen Energie- und Wärmewende ist. Alles über 400 m wird „oberflächennahe Erdwärme“ genannt und ist in der Regel nicht direkt nutzbar, sondern muss erst einmal auf höhere Temperaturen gebracht werden. Das klappt aufgrund einer wunderbaren Technologie. Wir kennen diese als Klimaanlage, als Kühlschrank oder auch als Wärmepumpe. Vom Prinzip her ist das alles das Gleiche. Also: Man gewinnt drei Viertel der Energie aus der Umwelt, das ist entweder die Luft, das Erdreich oder das Wasser, und je konstanter die Umgebungstemperatur ist, desto effizienter läuft so eine Wärmepumpe. Daher ist
die Wärmepumpe eine optimale Kombination zur Geothermie. Daher wundert es mich schon, dass die Wärmepumpe in Ihrem Antrag überhaupt nicht vorkommt; denn, wer Geothermie sagt, muss auch Wärmepumpe sagen. Gerade die oberflächennahe Geothermie hat in den letzten Jahren in Hessen unheimlich zugenommen. Wir sehen das am Energiewendebericht, den Sie offensichtlich nicht ganz
genau gelesen haben. Wir haben im Bereich der oberflächennahen Geothermie eine Zunahme von 11 %, womit rund 10 % der erneuerbaren Energieträger durch Geothermie bereitgestellt werden. Das zeigt doch, dass wir das Thema Geothermie nicht „auf der Straße liegen lassen“, sondern ganz konkret bearbeiten, und dass das auch seine Wirkung entfaltet.
Im Grunde stimme ich Ihnen zu: Geothermie hat ein unheimliches Potenzial, gerade in Südhessen, im Oberrheingraben, wo wir gerade in Wiesbaden, wenn wir durch die Straßen gehen, sehen, dass die Potenziale in der Erde schlummern. Deshalb ist dieses Thema ein gutes. Ganz ehrlich: Ich freue mich wirklich, dass sich die FDP damit beschäftigt. Dennoch haben wir einen eigenen Antrag geschrieben,
weil offensichtlich überhaupt keine Kenntnis darüber herrscht, was im Land für das Thema Geothermie getan wird und was das Land ganz aktiv macht, um die Potenziale zu erschließen. Zunächst einmal haben wir die Landesenergieagentur, die vernetzt, informiert und unterstützt, und zwar auch im Bereich der kommunalen Wärmeplanung, die jetzt ansteht. Liebe FDP-Kollegen, ich erinnere mich an Ihren Haushaltsantrag, in dem Sie gefordert haben, die Arbeit der LEA komplett einzudampfen. Daher
frage ich mich ganz ehrlich: Wer soll denn diese ganzen Punkte machen, die Sie in Ihrem Antrag fordern, wenn es die Landesenergieagentur nicht gäbe? Sie sind sich da offensichtlich nicht ganz einig. Die Kommunen und Unternehmen müssen erst einmal wissen, welche Potenziale die Geothermie hat und welche Möglichkeiten es gibt. Letztes Jahr im September war z. B. das Geothermie-Forum. Herr Naas, Sie waren angemeldet, aber ganz offensichtlich nicht vor Ort, sonst hätten wir uns gesehen. Dort haben die Experten sehr eindrucksvoll dargelegt, was der Stand der Technik ist, was die Herausforderungen sind
und was in Hessen schon getan wird. Da sind einerseits bürokratische Hürden zu nennen – darauf gehe ich gleich noch einmal ein –, gleichzeitig ist es auch ein Mangel an Tiefbohrunternehmen und vor allem entsprechender Fachkräfte. Von diesen Bohrunternehmen mit entsprechenden technischen Geräten gibt es in Deutschland ungefähr eine Handvoll. Diese kommen meistens aus Norddeutschland, weil sie dort als Erdölfirmen in der Nordsee aktiv sind. Dazu kommt ein Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, der auch diese Branche betrifft. Daher sind einfach tiefere und differenziertere Antworten nötig, wenn man sich mit
diesem Thema beschäftigt. Mit einem Antrag, der einfach einmal so runtergeschrieben wurde, ist das Thema nicht bearbeitet. Aber es wird im Umwelt- und im Wirtschaftsministerium schon lange bearbeitet, z. B. mit Informationen über die LEA sowie über das HLNUG, das mit dem Geologie-Viewer Daten über Gesteinsschichten allen sehr leicht zugänglich macht, wo man sehen kann, wie die Gesteinsschichten bei sich vor Ort sind, um sich die Potenziale erst einmal anzuschauen. Auch wurden ganz konkret bürokratische Hürden abgebaut. Früher war für eine Bohrung, die über 100 m hinausging, ein bergrechtliches Verfahren notwendig. Man kann sich vorstellen, dass das vollkommen abschreckend war, weil es sehr viel Aufwand war. Die Ministerien haben gehandelt; und es muss kein bergrechtliches Verfahren mehr durchgeführt werden. Das zeigt: Wir reden nicht nur von Bürokratieabbau, sondern wir handeln ganz konkret. Auch finanziert das Land Forschungsbohrungen. Das ist noch viel wichtiger; und es ist etwas, was Sie fordern und was schon erfüllt wird. Nach der hessischen Energierichtlinie sind diese Förderungen schon jetzt möglich; und das wird umfangreich genutzt, wie diese Beispiele zeigen:
Die Bohrung am Rebstockbad war erst vor Kurzem in der Presse, und diese sieht vielversprechend aus, wie auch das Wohngebiet Hilgenfeld, das durch Geothermie versorgt werden kann. Nicht nur im Rhein-Main-Gebiet, das ist ja nur ein Teil von Hessen, werden Bohrungen vorgenommen, sondern auch in Marburg sowie an vielen anderen Orten in Hessen. Das ist ganz wichtig, weil dadurch ein
immer präziseres Bild des Untergrunds entsteht und man die Potenziale immer besser einschätzen kann. Dabei unterstützt das Land Hessen bei der Finanzierung dieser Bohrungen; und das führt ganz konkret dazu, dass wir die Potenziale besser erschließen können. Das alles ist viel mehr wert als eine Strategie und eine Roadmap, wie Sie sie fordern. Liebe Kollegen der FDP, wir sind beim Thema Geothermie schon längst vom Reden ins Handeln gekommen.
Ich will es noch einmal sagen: Ich bin aber froh, dass Sie das Thema endlich entdeckt haben. Ich lade Sie herzlich ein: Lassen Sie uns gemeinsam an den Möglichkeiten weiterarbeiten, wie wir die Energie- und die Wärmewende in Hessen weiter voranbringen können, und zwar ganzheitlich. Das sage ich ganz bewusst auch in Ihre Richtung; denn ganzheitlich bedeutet auch, die erneuerbaren Energien auszubauen, vor allem die Windkraft und die Solarenergie, technologieoffen und innovativ, wie es die schwarzgrüne Regierung und die Koalition in den letzten zehn
Jahren gemacht haben. – Vielen Dank.
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