Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!
In Richtung des Redebeitrags der AfD möchte ich gerne zu Beginn Herrn Dr. Matthes vom Öko-Institut zitieren, der uns am Dienstag beim parlamentarischen Abend des VDE ein sehr interessantes Zitat mitgegeben hat. Er sagte, man müsse entweder besonders alt, besonders ignorant oder besonders dämlich sein, um zu glauben, die Klimakrise gehe an uns vorbei.
Zu dem Thema fange ich einmal in der Vergangenheit an. Die Große Koalition hat 2019 aufgrund des breiten gesellschaftlichen Protestes von der Straße endlich ein Klimagesetz beschlossen. Darin steht, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll.
Die aktuelle Bundesregierung – zur Erinnerung: bestehend aus SPD, GRÜNEN und der FDP; Stefan Naas ist überhaupt nicht mehr da, den interessiert die Debatte anscheinend nicht – nimmt dieses Ziel ernst und sagt nicht nur, dass wir klimaneutral werden sollen, sondern auch, was wir tun müssen, um dorthin zu kommen. Daher wurde von der SPD, der Bauministerin und dem Wirtschafts- und Klimaminister
ein Gebäudeenergiegesetz vorgelegt, das den Weg zeigt, wie dieses Klimaziel, vor allem für den Gebäudesektor, auch tatsächlich erreicht werden kann.
Was wir nicht machen können, ist, bis 2040 so zu tun, als gäbe es keine Klimaziele, und dann zu hoffen, von heute auf morgen erledige sich das Ganze von allein. Es sind noch 22 Jahre bis zum Jahr 2045.
Unsere alte Ölheizung, die wir bis 2014 im Keller stehen hatten, hatte eine Lebensdauer von 18 Jahren.
Das ist der Durchschnitt. Über 70 % der Öl- und Gasheizungen in Hessen sind älter als 20 Jahre. Da liegt es doch auf der Hand, dass in diesem Bereich frühzeitig Rahmenbedingungen notwendig sind, wenn die Politik sich nicht nur Ziele setzen, sondern diese auch ernsthaft erreichen will. Deshalb haben SPD, GRÜNE und FDP vorgeschlagen, das Gebäudeenergiegesetz zu überarbeiten. Dieses Gesetz wurde – noch einmal zur Erinnerung – im Bundeskabinett auch von den FDP-Ministern einstimmig beschlossen. Das Internet sorgt zum Glück für Transparenz, und die Protokollnotiz von Christian Lindner lautet: Das Finanz-ministerium stimmt dem Gesetzesentwurf zu. Das steht da im Bewusstsein, dass die Fraktionen im parlamentarischen Verfahren Änderungen vornehmen werden. Aber das Finanzministerium stimmt zu. Und damit es in das parlamentarische Verfahren gehen kann, muss es doch da erst einmal reingehen, liebe Kollegin von der FDP.
Es ist doch auch völlig normal – das machen wir doch hier im Parlament auch ständig –, dass im parlamentarischen Verfahren noch Änderungsanträge kommen. Auch von uns GRÜNEN waren Änderungen angekündigt. Auch wir haben noch Fragen. Aber dazu muss das Gesetz erst einmal in den Bundestag kommen. Und das blockiert die FDP gerade jetzt – übrigens entgegen jeglicher Verabredung.
Als Grund dafür werden angeblich 101 Fragen angeführt. Es geht Ihnen an dieser Stelle doch überhaupt nicht ums Gesetz. FDP bedeutet offensichtlich: PR first, Verantwortung second. Sie haben die tolle Story mit den 101 Fragen der „Bild“-Zeitung verkauft, aber es ging Ihnen an keiner Stelle um das tatsächliche Gesetz. Ich könnte jetzt den Rest meiner Redezeit damit füllen, wie schädlich dieses Verhalten der FDP für die Demokratie ist und dass wir gerade jetzt eine stabile und verlässliche Bundesregierung brauchen, die Sie gerade torpedieren. Aber ich will auch noch über das Gebäudeenergiegesetz sprechen. Nur so viel noch: Sie werben in Hessen dafür, dass Sie mehr Verantwortung übernehmen wollen; und Sie zeigen auf Bundesebene gerade sehr deutlich, wie wenig Sie mit Verantwortung umgehen können. Ich hoffe wirklich,
dass die Hessinnen und Hessen sich das merken, auch für den 8. Oktober.
Wir haben gerade eine breite gesellschaftliche Debatte über die Wärmewende. Da sind leider auch viele Falschmeldungen im Umlauf. Zuallererst geht es um die Klarstellung: Niemand muss eine funktionierende Heizung herausreißen, außer – das haben CDU und SPD schon 2020 beschlossen –, diese Heizung ist älter als 30 Jahre. Das gilt jetzt schon. Ich sage das so deutlich, weil manchmal in der Debatte so getan wird, als könne man in seinem Heizungskeller machen, was man will. Es gab und es gibt schon immer strenge Vorgaben, was Emissionen angeht, was die Effizienz von Heizungen angeht. Jetzt kommt ein neuer
Vorschlag, und zwar, dass bei einer Heizungshavarie, also für den Fall, dass die Heizung nicht mehr repariert werden kann, bei einem Einbau einer neuen Heizung die Wärme zu 65 % mit erneuerbaren Energien erzeugt werden soll. An der Stelle will ich mit dem zweiten Mythos aufräumen, dass Wärmepumpen vorgeschrieben sind. Das ist Unfug. Das Gesetz ist technologieoffen, wenn Sie es so nennen wollen. Ich zitiere aus dem Gesetz: Die Gebäudeeigentümer können frei wählen, mit
welcher Heizungsanlage die Vorgabe … erfüllt wird. Genau diese Technologieoffenheit hat Christian
Lindner auch gelobt. Er selbst hat sich Mitte April noch dafür gefeiert, dass das Gesetz so wunderbar technologieoffen ist und dass die FDP es auch unterstützt hat, dass diese Technologieoffenheit
geschaffen wird. Das sagte der Minister, also Ihr Minister, zu dem vorliegenden Gesetzentwurf, um
jetzt – sechs Wochen später – eine komplette Rolle rückwärts zu machen. Das ist doch ein weiteres Zeichen dafür: Ihnen geht es nicht um die Technologieoffenheit. Ihnen geht es nicht um die Sorgen der Menschen. Es geht Ihnen auch nicht um die Förderquoten oder sonst irgendetwas, was im Gesetz geregelt werden soll. Ihnen geht es einzig und allein um Ihre politische Profilierung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wärmewende ist doch schon längst Realität, und zwar nicht nur in Deutschland,
sondern in ganz Europa. Skandinavien setzt auf die Wärmepumpe, in Dänemark ist der Neueinbau von Öl und Gasheizungen schon seit 2013 verboten. Auch in Frankreich und Italien gibt es hohe Förderquoten, viele Angebote. Generell gibt es auch in Deutschland, auch in Hessen eine hohe Bereitschaft, dass man auf erneuerbare Wärmeversorgung setzt. Deshalb ist die Überlegung der Bundesregierung absolut richtig.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Es können sich viele Menschen Investitionen in neue Heizungen leisten. Aber es gibt auch Immobilienbesitzer, die das nicht können. Deshalb braucht es einen hohen sozialen Ausgleich. Niemand soll durch diesen Gesetzentwurf in den finanziellen Ruin getrieben werden. Deshalb gibt es Förderung, deshalb gibt es heute Fallregelungen, deshalb gibt es Ausnahmen. Wir selbst, wir GRÜNE, schlagen vor, dass die Förderung noch erhöht werden soll.
Ich selbst komme aus dem ländlichen Raum, und ich weiß, dass es gerade für ältere Menschen keine einfache Entscheidung ist, noch einmal hohe Summen in die Hand zu nehmen und zu investieren, um eine neue Heizung einzubauen. Aber die gleichen Leute waren doch von der Öl und Gaspreisexplosion im letzten Winter besonders betroffen. Es macht einen Unterschied, ob ich für 1.000 oder für 5.000 € Öl tanken muss, und es macht einen Unterschied, ob ich Gas für 5 Cent oder 12 Cent kaufen muss. Deshalb ist der Umstieg bei der Heizung – also weg von fossilen Brennstoffen – auch immer eine Entscheidung für
die Zukunft. Ich darf nicht nur die Investitionskosten sehen, sondern ich muss natürlich auch die Brennstoffkosten einkalkulieren. Da ist es so, dass Öl und Gas in den nächsten Jahren teurer werden; und jeder, der sich jetzt eine neue Öl- oder Gasheizung in den Keller einbaut, wird das bereuen, weil es in Zukunft so teuer wird.
Das Gebäudeenergiegesetz ist ein Bundesgesetz. Das heißt, wir entscheiden hier im Hessischen Landtag überhaupt nicht darüber, Herr Kollege Dr. Naas. Ich will jetzt einmal auf die Punkte eingehen, die wir in Hessen voranbringen. Wir setzen auf die Wärmeplanung, zentrale Wärmeversorgung, Nahwärmenetze, Fernwärmenetze. Das ist in der Regel ein sehr effizienter Weg, um die Wärmeversorgung zu gewähr-leisten. Deshalb müssen sich nach unserem Hessischen Energiegesetz die Kommunen zukünftig auch genau anschauen: Wo entsteht denn die Abwärme? Wo sind denn die großen Wärmeabnehmer, und wie kriegt man das über ein Netz zusammen? Das macht Sinn. – Frau Dr. Wolff von der ENTEGA hat gesagt, dass täglich 100 Bürgerinnen und Bürger anrufen, weil diese sich jetzt an das Fernwärmenetz
anschließen wollen. Das geht genau in die richtige Richtung. Die Bürgerinnen und Bürger wollen also den Ausbau der Nah- und Fernwärme.
Herr Dr. Naas, bevor ich zum Schluss komme: Sie haben die Geothermie angesprochen. Es klang so, als ob Sie die Technologie gerade erst entdeckt hätten. Ansonsten wüssten Sie doch bestimmt, dass wir in Hessen das Geothermie Forum haben, dass wir die Landesenergieagentur und das HLNUG haben. – Sie wissen es offensichtlich nicht. Deshalb muss ich noch einmal sagen, dass wir das HLNUG haben, dass
wir Fördermittel für die Geothermie haben, natürlich auch die Potenziale in den Blick nehmen und dass das selbstverständlich Teil der Energiewende den Hessen ist. Aber offensichtlich wissen Sie nicht, dass man für Geothermie auch eine Wärmepumpe braucht.
Also, ich fasse zusammen: Die FDP zeigt auf Bundesebene ganz eindrücklich, dass es ihr nicht um Fakten oder den Geldbeutel der Leute geht, sondern einzig und allein um sich selbst. Für das Klima brauchen wir klare Regelungen, damit die Wärmewende gelingt. Wir stellen in Hessen Beratungen, Anlaufstellen über die Landesenergieagentur bereit, damit wir die Menschen und das Klima bei der Wärmewende mitnehmen. – Herzlichen Dank.
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