Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Wasserstoff, über den wir heute sprechen, ist zweifellos ein wichtiges Thema. Diese Einschätzung teilen wir. Wir brauchen Wasserstoff für die erneuerbaren Energien, um den Strom zu speichern. Die Industrie braucht grünen Wasserstoff, um vom Gas wegzukommen. Der Luftverkehr – das ist ganz wichtig –
braucht Wasserstoff, um weniger CO2 zu emittieren. Und für die Verkehrswende brauchen wir Wasserstoff, z. B. dort, wo Bahnstrecken nicht elektrifizierbar sind und wo es keine direkte batterieelektrische Lösung gibt. Aber – das ist ganz wichtig – erstens braucht man für Wasserstoff
Strom. Damit uns Wasserstoff gegen die Klimakrise hilft – das ist das Ziel Ihres Gesetzentwurfs –, muss
dieser Strom erneuerbar sein. Daher gilt, was wir schon immer sagen: Wer Wasserstoff fordert, der muss auch die Windkraft ausbauen.
Zweitens: Wasserstoff ist und wird auch in absehbarer Zeit ein knappes Gut bleiben. Daher müssen wir priorisieren, in welchen Bereichen wir Wasserstoff einsetzen und fördern; denn, wenn wir alles fördern, wird es noch knapper und damit teurer für die wichtigsten Anwendungsgebiete, für die Industrie beispielsweise. Deshalb ist es wichtig, zu sagen, wo Wasserstoff gezielt zum Einsatz kommen soll –
und wo vorerst nicht. Wie bei allen Themen rund um die Energiewende gilt auch dort: Wir brauchen mehr Tempo. Das macht uns nicht zuletzt der aktuelle Weltklimabericht deutlich, der voraussagt, dass wir die Erwärmung um 1,5 Grad schon in diesem Jahrzehnt erreichen könnten.
Deshalb freue ich mich immer über neue Konzepte und neue Ideen zur Energiewende, vor allem, wenn sie von der FDP kommen; denn die FDP ist nicht gerade dafür bekannt, energiepolitischen Fortschritt in dieses Land zu bringen. Aber neue Konzepte und neue Ideen suche ich in diesem Gesetzentwurf leider vergeblich.
Sie haben gesagt, dass der Gesetzentwurf etwas älter sei. Fast nichts wurde im Vergleich zu dem Entwurf geändert, den Sie vor zwei Jahren eingebracht hatten. Der Gesetzentwurf wurde fast wortgleich vor zwei Jahren schon einmal eingebracht. Neu ist das Thema Heizen; das haben Sie schon benannt. Darauf komme ich gleich zurück. Aber ansonsten ist es der gleiche Gesetzentwurf wie vor zwei Jahren.
Nachdem Sie, Herr Kollege Rock, im letzten Plenum ganz klar gesagt haben, dass in Hessen keine neuen Windräder mehr gebaut werden sollen, suchen Sie jetzt den Ausweg aus diesem energiepolitischen Dilemma mal wieder über das Thema Wasserstoff. Aber auch hierbei können Sie sich nicht vor der Frage verstecken: Woher kommen denn die Massen an Wasserstoff für alle Einsatzmöglichkeiten, die
in diesem Gesetzentwurf vorgesehen sind? Da haben Sie jetzt in Ihrer Rede aufs Ausland verwiesen
– wohl wissend, dass die Länder, die gerade eine Wasserstoffproduktion aufbauen, diese doch auch erst einmal für ihr eigenes Land brauchen und erst im zweiten oder dritten Schritt daran denken,
diesen Wasserstoff, wenn er grün ist, dann auch zu exportieren.
Wasserstoff ist nicht per se klimaneutral, sondern nur, wenn dieser zu 100 % aus erneuerbaren Energien hergestellt worden ist.
Vor diesem Hintergrund ist Ihr Gesetzentwurf Augenwischerei. Sie versuchen hier, klimapolitisches Profil aufzubauen, und wollen davon ablenken, dass Sie vor Ort jedes Windrad bekämpfen. Deshalb sage ich es noch einmal: Wer Wasserstoff fordert, der muss auch Windräder bauen. Wir können jede erzeugte Kilowattstunde nur einmal verwenden. Man kann mit 1 kWh aus erneuerbarem Strom in
einer Wärmepumpe z. B. über 3 kWh Wärme erzeugen, oder man kann diese 1 kWh aus erneuerbarem Strom für die Herstellung von Wasserstoff benutzen. Dann hat man rund 0,6 kWh Wärme, wenn man das zum Heizen verwendet. Egal wie sehr diese Umwandlung zu Wasserstoff optimiert wird, hinterher habe ich immer weniger Energie als vorher. Deshalb ist es wirklich irreführend, dass Sie gesagt haben, dass das jetzt die Lösung für die Wärmewende sei; denn, selbst wenn der Wasserstoff aus Gas erzeugt wird
– also Gas, welches auch nicht klimaneutral ist –, wird Gas durch die CO2-Bepreisung in Zukunft sehr viel teurer werden. Deshalb wird auch der Wasserstoff, der daraus entsteht, noch teurer, weil ich für die gleiche Menge Wärme noch mehr Strom für die Produktion brauche – und das dann noch aus Gas und fossil hergestellt. Das ist doch keine Lösung für die Wärmewende, Herr Kollege Rock.
Die Frage ist: Können wir den Strom effizienter direkt nutzen? Wenn ja, dann ist es doch volkswirt-schaftlich geboten, genau das zu tun. Wenn die direkte Stromnutzung nicht infrage kommt, dann soll Wasserstoff auch in Hessen großflächig Alternative sein. Expertinnen und Experten sagen, Wasserstoff wird sehr lange sehr knapp und deshalb auch sehr teuer bleiben, und zwar weltweit. Daher muss es auch im Sinne Ihrer Politik sein, wenn wir ihn genau dort einsetzen, wo es nicht anders geht. Jeder weiß: Wo das Gut knapp ist, da ist es teuer. – Wir können es uns daher schlichtweg nicht leisten, Wasserstoff
für unsere Industrie und für den Luftverkehr, wo wir ihn unbedingt brauchen, unnötig teuer zu machen, weil wir ihn in jeden Tank und in jede Heizung kippen wollen. Das ist ineffizient, und das macht am Ende auch unsere Industrie kaputt, was Sie hier fordern.
Wir haben in Hessen die Wasserstoffstrategie. Das Land unterstützt und fördert bereits eine Vielzahl von Projekten – auch ohne diesen Gesetzentwurf. Ganz aktuell ist die Potenzialanalyse entstanden, die untersucht hat und die zeigt, in welchen Bereichen wir in Hessen bis 2045 wie viel Wasserstoff benötigen. Es gibt sie also bereits, diese Bedarfsanalyse, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern. Ganz wichtig: Auf regionaler Ebene werden auch genau diese Daten gesammelt. Deshalb werden wir da einen guten Überblick bekommen. Dafür braucht es den Gesetzentwurf nicht.
Diese Analyse ist ganz interessant. Vielleicht haben Sie es sich schon einmal angeschaut. Der meiste Wasserstoff wird bis 2045 in der Industrie benötigt, und zwar über 11.000 GWh. Deshalb komme ich noch einmal auf das zurück, was ich eben auch schon gesagt habe. Wenn wir, wie Sie das hier fordern, Wasserstoff großflächig fördern, dann wird das gefährlich für unseren Industriestandort, für den wir den Wasserstoff sehr viel dringender brauchen.
Unsere hessische Wasserstoffstrategie berücksichtigt die tatsächlichen Rahmenbedingungen in Hessen. Wir setzen von Anfang an auf die erneuerbaren Energien. Wir sehen Wasserstoff als einen wichtigen, aber nicht als den einzigen Baustein für ein klimaneutrales Hessen an. Das ist eine Grundlage. Daran werden wir weiter arbeiten und weiter dafür sorgen, dass die Energiewende schneller vorangeht und wir in Hessen schneller klimaneutral sind, um gegen die Klimakrise anzukommen. – Vielen Dank.
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