Das Video mit meiner Rede findet ihr hier.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Wir sprechen heute, sozusagen in der Mittagspause, wenn man sich hier so umschaut, über den Einzelplan 07, den Bereich Wirtschaft, Verkehr, Energie und Wohnen. Das sind alles sehr zentrale Bereiche, wenn man sich die aktuellen Herausforderungen anschaut. Wir werden mit diesem Haushalt diesen Herausforderungen auch begegnen.
Einerseits haben wir die schwierige Situation der Energiekrise und werden dem natürlich auch mit dem Haushalt begegnen; und andererseits haben wir die langfristige, dauerhafte Herausforderung, dass wir eine klimaneutrale Wirtschaft brauchen und dass wir die Klima- und auch die Verkehrswende schaffen müssen. All das packen wir mit diesem Haushalt an. Wir spüren die Auswirkungen der Energiekrise. Aber auch die Klimakrise ist spürbar: Dieser Sommer war so trocken wie nie zuvor.
Wir dürfen uns also nicht zurücklehnen, sondern müssen trotz dieser aktuell sehr herausfordernden Zeiten, trotz akuter Krisen, diesen Umbau der Wirtschaft und der Energieversorgung und auch der Mobilität weiter betreiben und die Mobilitäts- und Energiewende schneller voranbringen. Mit
dem Doppelhaushalt 2023/2024 machen wir genau das. Wir setzen bewusst die Schwerpunkte, damit wir diese Veränderungsprozesse in unserem Land unterstützen. Mit den Mitteln im Haushalt werden wir die Verkehrswende weiter voranbringen. Mehr Nahmobilität, mehr Busse, mehr Bahnen und Flatrate-Tickets: Das ist das Erfolgsrezept der hessischen Verkehrswende. Ja, das sind mühsame Prozesse, es geht um Infrastrukturvorhaben, und Radwege bauen sich nicht von heute auf morgen. Aber wichtig ist,
wir stellen die finanziellen Ressourcen dafür bereit, und wir stellen die personelle Ausstattung zur Verfügung, damit uns diese Vorhaben auch gelingen.
Wir stellen außerdem so viel Geld wie noch nie für den Ausbau von Radwegen an Landesstraßen zur Verfügung. Herr Naas, Sie waren, wie ich gelesen habe, gestern lieber im Hörsaal statt im Plenarsaal. Was das über Ihre Prioritäten als Spitzenkandidat aussagt, sei einmal dahingestellt. Vielleicht hilft es Ihnen ja, sich im Streit mit den Klimaaktivisten zu inszenieren; wer weiß. Ich wiederhole es deshalb sehr gerne noch einmal, extra für Sie, weil Sie uns heute die Ehre geben und anwesend sind: 2014 – nach vier Jahren FDP-geführtem Verkehrsministerium in Hessen – wurden gerade einmal 1,7 Millionen € für
den Radwegeausbau ausgegeben. Heute – nach zehn Jahren grün geführtem Verkehrsministerium – haben wir eine Summe von 17 Millionen € für den Radwegeausbau im Haushalt bereitgestellt. Das ist das Zehnfache der Summe, die die FDP damals gefordert hat. Das ist ein deutliches Zeichen; denn Verkehrswende geht nur, wenn man das Geld nicht nur in die Straßen steckt. Es ist eine riesige Daueraufgabe, die Straßen und Brücken in Landesbesitz zu sanieren. Das ist uns auch bewusst. Das
schaffen wir aber nur, wenn wir die finanziellen Mittel klar priorisieren. Der Grundsatz „Investitionen in Erhalt vor Neubau“, den wir seit zehn Jahren in Hessen verfolgen und umsetzen, ist genau richtig, und er trägt dazu bei, dass wir den Zustand der hessischen Straßen verbessern können.
Das hessische Schülerticket, das Seniorenticket und das Landesticket sind die Blaupausen für das Deutschlandticket, dessen Einführung wir jetzt hoffentlich zum 1. April feiern können. Aber dafür muss auch die Finanzierung von Bundesseite aus gewährleistet sein. Wir werden die Kofinanzierung des Deutschlandtickets in den Haushalt aufnehmen. Wir erwarten aber vom Bund, dass dieser sich nicht
aus der Verantwortung stiehlt, sondern sich auch an den eventuell entstehenden Mehrkosten beteiligt.
Natürlich muss nicht nur das Ticketsystem stimmen, sondern die Menschen müssen auch gerne mit Bus und Bahn fahren. Dafür braucht es attraktive Verbindungen, attraktive Angebote, und dafür müssen die Verkehrsverbünde gut ausgestattet werden, weil sie diese Aufgabe übernehmen.
Das tun wir: Die Verkehrsverbünde erhalten erstmals in der Geschichte über 1 Milliarde €. Das ist eine Rekordsumme für den ÖPNV, für die Verkehrswende in Hessen. Herr Eckert und liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich verstehe nicht, wie Sie sagen können, das sei nichts. Das ist die größte Summe für den ÖPNV, die in Hessen je bereitgestellt wurde. Wenn Hessen bis 2045 klimaneutral werden soll – und
wir haben vor, das im Klimagesetz festzuschreiben –, dann muss der Friseur um die Ecke, dann muss die Bäckerei, und dann muss auch das Industrieunternehmen bis 2045 klimaneutral sein. Das wissen die Unternehmen auch. Die Unternehmen beschäftigen sich mit den Fragen der Transformation,
und es kommen im Zuge dessen auch Bedarfe auf: Informationsbedarfe. Genau dafür ist jetzt die Servicestelle „WirtschaftsWandel Hessen“ eingeführt worden, die Unternehmen im Hinblick auf Förderprogramme, Unterstützungsangebote, Vernetzungen vor dem Hintergrund der Transformation berät und informiert. Das wird gut angenommen, und das ist ein wichtiges Angebot in diesen
Zeiten, wo Transformation allgegenwärtig ist.
Hessen ist Industrieland, und Hessen soll auch in Zukunft Industrieland bleiben. Wir haben nichts gewonnen, wenn Industrieproduktion aus Hessen oder aus Europa abwandert und dann mit weniger hohen Umweltstandards produziert. Von daher ist es nicht nur für den Erhalt der Arbeitsplätze,
sondern auch aus klima- und umweltpolitischen Gesichtspunkten elementar, dass wir Industrieland bleiben und dass wir es schaffen, vor Ort in Hessen die Industrie klimaneutral umzubauen. Noch dazu gewinnen wir in Hessen, wenn wir es schaffen, hier die Innovation umzusetzen. Wenn hier die Ideen zum
klimaneutralen Wirtschaften entstehen, dann gewinnen wir, dann gewinnen die Arbeitsplätze, und dann gewinnt natürlich auch die hessische Wirtschaft. Dafür braucht es z. B. Wasserstoff. Deshalb haben wir eine hessische Wasserstoffstrategie aufgesetzt und ganz klar dafür priorisiert, dass überhaupt genug Wasserstoff für die Industrie zur Verfügung stehen kann. Wasserstoff ist auch ein Baustein der Verkehrswende, nicht für das Auto oder für den Individualverkehr, wie das oftmals auch gefordert
wird, sondern für den ÖPNV, und zwar genau für die Strecken, die nicht elektrifizierbar sind.
Da konnten wir in dieser Woche einen großen Erfolg feiern: Der erste von insgesamt 27 Wasserstoffzügen fährt jetzt im Taunusnetz. Weitere werden folgen. Das ist gut für das CO2, weil sie die alten Dieselloks ersetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen eine Wirtschaft, die krisenfest und innovativ ist. Innovationskraft ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine moderne Volkswirtschaft, und wir wissen, dass gerade in Start-ups besonders viele Innovationen stattfinden. Deshalb ist die Start-up-Förderung ein zentrales Handlungsfeld in diesem Haushalt. Wir werden 3,8 Millionen € bzw. 4,5 Millionen € für die
Förderung und die Unterstützung von jungen dynamischen und innovativen Unternehmen bereitstellen. Da sind z. B. das Gründungsstipendium „push!“, das junge Start-ups mit bis zu 40.000 € unterstützt, oder der GreenTech Accelerator „ryon“ zu nennen. Das ist vielleicht ein etwas schwieriger Name, aber im Kern geht es darum, dass auf einem Industriegelände Platz und ein Netzwerk geschaffen werden, um neu gegründeten Start-ups erst einmal diesen Platz anzubieten und damit auch ganz gezielt produzierende Startups nach Hessen und dann nach Gernsheim zu holen. Denn sie wissen: Wir sind Industrieland, und da wird ganz konkret in die Zukunft des Industrielandes Hessen investiert.
Oder wir haben das Förderprogramm Distr@l, das die digitale Transformation unterstützt. Wir wissen, die Start-ups von heute sind der Mittelstand von morgen. Hessen ist Gründerland, und Hessen ist Industrieland. Das werden wir mit den Mitteln, die wir im Haushalt bereitstellen, weiter voranbringen.
Ganz akut hat die Energiekrise starke Auswirkungen auf die Unternehmen. Die Gaspreisbremse ist da ein wirkungsvolles Instrument, das das Problem bei der Wurzel packt. Trotzdem kann es vorkommen, dass Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Deshalb wird das Programm Hessen-Mikroliquidität aufgesetzt. Das ist sehr niedrigschwellig, sehr unbürokratisch. Das ist auch etwas, was in Corona-Zeiten gut funktioniert hat. Damit stehen wir den Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten zur Seite.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Stärkung der Wirtschaft in der aktuellen Krise ist das eine, die Transformation der Wirtschaft, langfristig gesehen, das andere. Beiden Herausforderungen begegnen wir ganz konkret mit diesem Haushalt. Wir wissen auch, dass die Zukunft auf erneuerbaren Energien
basieren muss. Wir müssen diese ausbauen, das ist völlig klar. Ich bin froh, dass wir uns hier zumindest in
der Zielsetzung weitestgehend einig sind. Nicht nur, weil wir nicht mehr von kriegerischen Autokraten abhängig sein dürfen, sondern schlichtweg, weil uns die Erneuerbaren als einzig verlässliche Energieform dauerhaft zur Verfügung stehen. Das sieht man z. B. in Frankreich: Frankreich steht gerade vor einem enorm schwierigen Winter, weil es so sehr auf Atomkraft gesetzt hat. Aller Voraussicht nach werden
dort Stromabschaltungen nicht zu verhindern sein. Das ist vielleicht auch etwas für die Atomkraftfans der
FDP: Atomkraft ist nicht die Lösung, sondern den erneuerbaren Energien gehört die Zukunft.
Die Energiewende muss schneller gehen. Deshalb hat diese Landesregierung viele Maßnahmen ergriffen, viele kleine und große Schrauben gedreht, damit vor allem der Windkraftausbau wieder Fahrt aufnimmt.
Das sind einerseits die klaren und transparenten Genehmigungsprozesse durch die Verwaltungsvorschrift. Wir haben auch in diesem Doppelhaushalt wieder elf neue Stellen für die Regierungspräsidien vorgesehen. Wir schaffen mehr Stellen bei den Gerichten, insbesondere für die Windkraftverfahren. Und wir haben in Hessen eine klare Flächenkulisse für den Ausbau der Windenergie. Das zeigt auch der Anteil der Genehmigungen: Die sind in diesem Jahr wieder gestiegen. Wir liegen bei 45 neuen Anlagen,
die in diesem Jahr genehmigt wurden. Sie alle werden aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren gebaut. Es ist gut, dass der Windkraftausbau wieder Fahrt aufnimmt, aber wir werden uns natürlich auch nicht zurücklehnen.
Wir haben mit dem neuen Hessischen Energiegesetz außerdem einen starken Fokus auf den Ausbau der Solarenergie gelegt. Die PV-Pflicht für landeseigene Gebäude wurde genannt. Die PV-Pflicht gilt auch für Parkplätze ab 50 Stellplätzen. Wir brauchen alle bereits versiegelten Flächen für die Erzeugung
von Solarstrom, und zusätzlich brauchen wir noch die Freiflächen. Auch da sind wir dran, dass diese schneller und besser bebaut werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, Abstandhalten und Hygienemaßnahmen haben uns durch die Corona-Pandemie gebracht. Energiesparen und Energieeffizienz sind die Maßnahmen, die uns durch die Energiekrise helfen. Denn Energieerzeugung ist das eine, Energie sparen ist das andere. Je mehr Einsparungen wir in diesem Winter erreichen, desto weniger drastisch werden die Auswirkungen
der Energiekrise sein. Deshalb ist es genau richtig, dass in dem Programm „Hessen steht zusammen“ die Energiesparkampagnen ausgeweitet werden, auch die Energieberatungen gestärkt werden und insbesondere die Landesenergieagentur, die LEA Hessen, finanziell noch einmal besser ausgestattet wird.
Denn gerade in der aktuellen Situation sehen wir, dass eine zentrale Landesbehörde, die alle Themen rund um den Bereich Energiewende bearbeitet, Gold wert ist. Und die LEA macht gerade im Moment eine hervorragende Arbeit.
Ein weiteres Highlight ist das Programm Solarkredit. Wir sehen, dass gerade in der aktuellen Situation der gestiegenen Baukosten viele private Bauvorhaben zusammengekürzt oder auch ganz gestrichen werden. Meistens wird bei den Kürzungen zuerst das vermeintlich nicht Notwendige gestrichen, z. B. eben die PV-Anlagen. Diese sind aber elementar wichtig, vor allem wenn der Neubau mit Wärmepumpen geheizt wird. Wir wollen aber nicht, dass bei der Energieerzeugung gespart wird, deswegen werden wir ein sehr attraktives Programm zur Unterstützung von privaten Solaranlagen auflegen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der Haushalt setzt in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Energie klare Schwerpunkte. Wir helfen den Hessinnen und Hessen sowie den Unternehmen in den akuten Herausforderungen. Dieser Doppelhaushalt trägt dazu bei, Hessen in eine sozial-ökologische Zukunft zu führen. –
Vielen Dank.
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Erster Haushalt von Schwarz-Rot:
Rote Zahlen und schwarze Ideologie Mathias Wagner, Fraktionsvorsitzender und Miriam Dahlke, Parlamentarische Geschäftsführerin der GRÜNEN Landtagsfraktion: „Mit ihrem ersten Landeshaushalt verschärfen CDU und SPD die hausgemachte Haushaltskrise und richten im…
Weiterlesen »
GRÜNE zur Debatte um die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Automobilindustrie: Elektromobilität ist gekommen um zu bleiben
Kaya Kinkel, Sprecherin für Wirtschaft der GRÜNEN Landtagsfraktion: „Technologischer Fortschritt setzt sich durch – ob bei der Glühbirne, dem Telefon oder der Elektromobilität. Wer jetzt noch am Verbrenner festhält, gefährdet…
Weiterlesen »
Gewaltprävention und Opferschutz für Frauen dringend verbessern
Rund 20 Frauen trafen sich im Mehrgenerationenhaus Dippelmühle auf Einladung der GRÜNEN Landtagsabgeordneten Kaya Kinkel, um über die Sicherheit von Frauen, Opferschutz und Gewaltprävention zu sprechen. Im Podium informierten und…
Weiterlesen »