Hier findet ihr das Video meiner Rede bei facebook.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Letzte Woche hat die Umweltministerin Priska Hinz zum hessischen Klimaempfang eingeladen. Als Gastredner war Herr Direktor Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung eingeladen, der auch Mitverfasser des IPCC-Berichts ist. Er hat in aller Deutlichkeit dargelegt, wie dringend und drängend das Problem der Klimakrise ist. Ich muss sagen, dass dieser Vortrag bei mir ein beklemmendes Gefühl hinterlassen hat, zusammen mit der Frage, ob wir das Umsteuern noch rechtzeitig schaffen werden.
Besonders eine Grafik dieses Vortrags ist mir in Erinnerung geblieben. Wenn wir unsere fossilen Ressourcen, die wir in der Erde haben – Erdöl, Erdgas und Kohle –, alle verbrennen, dann setzen wir rund 15.000 Gigatonnen CO2 frei. Wenn wir aber das Pariser Klimaziel ernst nehmen – und das sollten wir –, dann haben wir ein globales Budget von gerade einmal 700 Gigatonnen CO2 . Das ist die Riesenherausforderung bei der Energiewende und bei der Bekämpfung der Klimakrise, dass ein Großteil der fossilen Ressourcen im Boden bleiben muss und wir als Politik – egal, ob Opposition, Regierung, ob Bund, Land oder Kommune – alles tun müssen, um das zu schaffen.
Zu der ohnehin schon großen Herausforderung kommt dann noch der schreckliche Angriffskrieg auf die Ukraine hinzu, der uns ganz deutlich vor Augen führt, welche Folgen fossile Abhängigkeiten haben kann. Da fand ich es sehr interessant, Herr Kollege Grüger, wie Sie schon lange davor gewarnt haben, dass die Erneuerbaren viel besser seien als fossile Abhängigkeiten. Das war aber im Bund definitiv nicht so; denn da war es die SPD, die durch Nord Stream 2 die fossile Abhängigkeit von Russland Jahr für Jahr weiter vorangetrieben hat. Daran möchte ich Sie erinnern.
Früher haben wir immer gesagt, der Schutz von morgen beginnt schon heute. Heute müssen wir sagen, der Schutz hätte schon in der Vergangenheit beginnen müssen. Durch den Krieg sehen wir, die Bundesregierung hat es in der Vergangenheit versäumt, die Energiewende voranzutreiben und unsere Zukunft zu schützen. Diesen Fehler dürfen wir nicht noch einmal begehen.
Der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energien ist Teil der Klimapolitik. Deshalb freut es mich, dass die SPD diese Große Anfrage als Setzpunkt gesetzt hat. Etwas verwundert bin ich, dass hier kein eigener Antrag und keine eigenen Ideen vorgebracht werden, wie wir das normalerweise machen, dass wir uns auch mit Ideen herausfordern. Aber das ist für mich auch okay; denn an den Antworten auf die Große Anfrage kann man sehen, dass Hessen beim Ausbau der erneuerbaren Energien durchaus gut dasteht, ganz im Gegenteil zu dem Bild, dass Sie gerade zu stellen versucht haben.
Herr Grüger. – Mehr als die Hälfte des in Hessen produzierten Stroms ist erneuerbar, kommt aus Biomasse, Windkraft und Sonne, und zwar mit steigender Tendenz. Jedes Jahr im Dezember – also nicht nur im letzten Jahr, sondern auch in den Jahren davor – erscheint der Monitoringbericht zur Energiewende, und darin wird eigentlich schon ein Großteil Ihrer Fragen beantwortet. Die Antworten in dem Monitoringbericht und auch in der Großen Anfrage zeigen, dass die Grundlagen für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Hessen stimmen: Wir haben die Flächen für die Windkraft, die Rahmenbedingungen für Fotovoltaik stimmen – das sieht man an den großen Zubauzahlen, die wir Jahr für Jahr haben –, wir haben Voraussetzungen für die Bürgerenergie, die wir über Hessen-Forst einfließen lassen. Wir sorgen dafür, dass die Landesenergieagentur umfassend informiert und berät, und wir fördern und unterstützen Energieeinsparung und Energieeffizienz. Das alles zeigt, dass die Landesregierung nicht untätig ist und dass die Weichen für die Energiewende in Hessen richtig gestellt werden.Zum Beispiel der Ausbau der Windenergie: Wir haben knapp 2 % Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesen. Jetzt haben Sie suggeriert – zumindest lese ich das aus Ihren Fragen –, dass das noch mehr Flächen werden sollen. Herr Grüger, Sie können hier schöne Reden über den Ausbau der Windkraft halten, aber was wirklich helfen würde, wäre, wenn Sie Ihre Genossen vor Ort auch davon überzeugen würden; denn während Ihrer Rede kamen ganz viele meiner Kollegen aus meiner Fraktion auf mich zu und sagten: Na ja, die SPD im Odenwald und im Reinhardswald usw. müssten Ihnen auch mal zuhören.
Wir stellen auch fest – auch das ist in der Antwort auf die Große Anfrage herausgekommen –, dass die meisten Windkraftprojekte in Hessen beklagt werden und dass viele Projekte ein schwieriges Genehmigungsverfahren zu durchlaufen haben, weil es unter anderem Herausforderungen des Artenschutzes gibt. Das hat die Landesregierung erkannt und gemeinsam mit den Naturschutzverbänden, mit den Windkraftprojektierern und den Genehmigungsbehörden einen Prozess gestartet. An dessen Ende steht nicht nur die Verwaltungsvorschrift, die klare Vorgaben für die Genehmigungsbehörden gibt, sondern an dessen Ende steht auch ein gemeinsames Papier der Naturschutzverbände mit den Windkraftprojektierern, die sagen: Wir brauchen die 2 % Vorrangfläche für die Windkraft, und außerhalb dieser wollen wir den Artenschutz stärken und vor allem die windenergiesensiblen Arten – Rotmilan, Wespenbussard und Fledermäuse – in den Blick nehmen. Diese Einigung ist bundesweit einmalig, und das hat auch etwas mit der guten Moderation der Landesregierung zu tun.
Die Verwaltungsvorschrift entfaltet Wirkung, auch das sieht man an den Antworten: Im Jahr 2021 wurden Anlagen mit einer Leistung von 184 MW genehmigt; das ist seit 2016 der größte Jahreswert. Wir gehen davon aus, dass die dann auch bebaut werden können, weil durch die EEG-Änderung auf Bundesebene überragendes öffentliches Interesse an den Erneuerbaren festgestellt wird, und das wird uns auch noch einmal stark helfen.
Der zweite Punkt ist, dass die Genehmigungsbehörden die Verfahren natürlich auch abarbeiten können bzw. müssen. Daher haben wir sie personell stärker ausgestattet und aufgestockt – das sieht man auch sehr deutlich –, von 35 Stellen zu Beginn der Regierungsbeteiligung der GRÜNEN auf aktuell 55 Stellen. Gerade im letzten Haushalt haben wir noch einmal zehn zusätzliche Stellen beschlossen. Das hilft auch, den Flaschenhals der Genehmigungen zu beseitigen, und ist ein weiterer Baustein, die Hürden für den Ausbau der Erneuerbaren aus dem Weg zu räumen.
Die Fotovoltaik ist der zweite große Baustein der Energiewende in Hessen. Hier muss man klar sagen: Die Errichtung von Fotovoltaikanlagen lohnt sich. Das haben auch die Verbraucherinnen und Verbraucher erkannt: Allein im ersten Halbjahr 2021 war der Zubau an PV so hoch wie fast im gesamten Jahr zuvor. Da hilft unter anderem auch das hessische Solar-Kataster, wo man niedrigschwellig und einfach eine Einschätzung machen lassen kann, ob das eigene Dach für die Solarenergie geeignet ist. Natürlich können wir uns jetzt nicht selbstgefällig zurücklehnen – das machen wir auch nicht. Wir überarbeiten das Hessische Energiegesetz, bei dem wir auch noch einmal prüfen, wie der Anteil der Erneuerbaren gesteigert werden kann, z. B. durch die PV-Pflicht auf Parkplätzen. Auf Bundesebene gibt es auch eine Diskussion über die PV-Pflicht auf sonstigen Dächern. Das wird natürlich Auswirkungen auch auf Hessen haben. Wir haben verbindliche Vorgaben für PV auf landeseigenen Gebäuden. Zudem verpflichten wir Kommunen ab 20.000 Einwohnern verbindlich zu einer Wärmeplanung. Das ist ganz wichtig, weil wir in den Kommunen oft große Wärmeerzeuger haben, z. B. Rechenzentren oder die Industrie, und auf der anderen Seite die Quartiere, die einen großen Wärmebedarf haben. Momentan passiert es selten, dass die beiden Regionen der Erzeuger bzw. Verbräuche zusammengebracht werden durch eine Wärmeplanung, bei der die Kommune tatsächlich schaut, wo welche Wärme entsteht und wo sie genutzt werden kann. Dadurch wird der Ausbau der erneuerbaren Wärme auch noch einmal einen guten Schub bekommen.
Weil die Zeit gleich zu Ende ist, möchte ich nur noch einen Satz zu Herrn Lichert sagen. Ein Beispiel: 99 % der Experten und Expertinnen sagen Ihnen, dass Sie nicht über eine Brücke – sagen wir, die Salzbachtalbrücke – gehen sollen, weil sie einsturzgefährdet ist. Ein Experte sagt, die anderen lägen alle falsch. – Da wünsche ich Ihnen viel Spaß, über diese Brücke zu gehen, ganz ehrlich. Aber mit verantwortungsvoller Politik hat das überhaupt nichts zu tun. Dann – und deshalb ist es gut, dass wir das Thema noch einmal im Ältestenrat aufgreifen – schwurbeln Sie hier von der internationalen Hochfinanz, was ganz klar eine antisemitische Anspielung ist. Deshalb gehört das gerügt, und deshalb werden wir das noch einmal aufgreifen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Bürgerinnen und Bürger unterstützen die Energie- und Wärmewende. Wir sagen Ja zu Erneuerbaren in Hessen. Wir setzen die richtigen Rahmenbedingungen. Mit der Unterstützung des Bundes werden wir dann auch in Hessen einen deutlichen Aufbauschub erhalten, damit wir das Umsteuern noch rechtzeitig schaffen. – Vielen Dank.
Teil 2
Und hier der Link zum Video der Rede.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Die Zeit ist fortgeschritten, aber ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich gern auf einige Punkte des Kollegen Rock eingehen möchte. Zunächst haben Sie angemerkt, dass die einseitige Fokussierung auf die Windkraft falsch ist. Vor dem Hintergrund, dass Sie den Energiegipfel mit beschlossen haben, ist das schon seltsam.
Aber Sie haben auch gesagt, dass wir uns um die Wärmeversorgung kümmern müssen. Das ist absolut richtig; das finde ich einen wichtigen Punkt. Aber die Sache ist, dass diese beiden Punkte zusammenhängen. Wir haben die Sektorkopplung. Damit, wie wir unsere Wärmewende schaffen, hängt es zusammen, dass wir auch die Energiewende schaffen. Das ist untrennbar miteinander verbunden; denn die Gebäude, die aktuell mit Erdgas geheizt werden oder die einen Brennwertkessel im Keller stehen haben, müssen saniert werden, und dort werden in der Regel – das sieht man an den Zahlen – Wärmepumpen installiert.
Woher kommt der Strom für die Wärmepumpen? Der soll nicht von irgendwo kommen, sondern der soll natürlich größtenteils in Hessen produziert werden, und zwar durch die Windkraft. Deshalb hängen der Windkraftausbau und die Wärmewende untrennbar zusammen. Dann haben Sie mit einer solchen Häme über Robert Habeck in Katar gesprochen, dass ich darauf auch gerne eingehen möchte. (Zuruf) – Ja, gestern auch schon. Da haben Sie geradezu freudig über das Umfallen der GRÜNEN gesprochen. – Das finde ich in der Situation wirklich unangebracht; denn gerade in einer Notsituation tut Robert Habeck alles, um die Energieimporte und um die Energieversorgung in Deutschland zu sichern – alles. Er geht da wirklich nicht ideologisch vor, sondern sehr pragmatisch. Das so hämisch zu kommentieren, finde ich der Situation einfach nicht angemessen. Der letzte Punkt ist, Sie haben gesagt, dass Sie den Energieteil des Ampelkoalitionsvertrags mit ausgehandelt hätten. Dafür habe ich schon einmal Danke gesagt; denn der Energieteil ist wirklich gut. Ich gehe davon aus, dass Sie immer noch dahinterstehen, was Sie vor einem halben Jahr verhandelt haben; wenn nicht, dann geben Sie mir ein Zeichen.
Da steht drin: Das 2-%-Ziel brauchen wir. Wir brauchen einen höheren Ausbau der erneuerbaren Energien; und wir brauchen insgesamt höhere Ausbauziele für die Windkraft. Ja, Sie haben recht, da steht ein Ausbauziel für die Windkraft auf See drin. Aber durch eine einfache Rechnung kommt man doch bei den allgemeinen Ausbauzielen auch auf die höheren Ausbauziele für Windkraft an Land. Da können Sie nicht sagen, Sie hätten das nicht gewusst; sondern darüber wurde sehr intensiv diskutiert. Es gibt Ausbauziele für Windenergie an Land. Ich finde das auch richtig, weil die Windkraft in Hessen gebraucht wird.
Vielleicht können wir uns darüber verständigen, dass die Energiewende wichtig ist, und gemeinsam überlegen, wie wir den Windkraftausbau hier noch weiter beschleunigen können; denn wir brauchen die Energiewende, um die Klimakrise zu bekämpfen. – Vielen Dank.
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