13.09.2018 – Plenum
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir uns heute, am Ende der Tagesordnung, in Form von Dringlichen Entschließungsanträgen noch einmal den Themen „Ryanair“ und „Aktuelle Vorkommnisse bei Ryanair“ widmen. Erstmalig haben Piloten und Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter der Fluggesellschaft in einem 24-Stunden-Streik die Arbeit niedergelegt, um für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Auch sind die nächsten Streiks bei Ryanair schon angekündigt worden. Die Flugbegleitergewerkschaften werden am 28. September in Spanien, in Italien, in Portugal und in den Beneluxstaaten die Arbeit niederlegen. Das Mittel des Streiks wurde gewählt, weil die Verhandlungen mit dem Management und dem Unternehmen Ryanair nicht weiterkommen.
An dieser Stelle muss man sich einmal vergegenwärtigen, woher dieses Recht kommt. Das Streikrecht wurde 1949 als Grundrecht in Art. 9 Abs. 3 unserer Verfassung niedergeschrieben und ist dadurch mit höchstem Normenschutz versehen. Deshalb ist ganz klar: Streik ist ein legitimes Mittel im Rahmen der Tarifautonomie und ein gutes Recht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Gewerkschaften. Das muss jeder Arbeitgeber respektieren, der in Deutschland tätig ist.
Was gar nicht geht, ist, die Beschäftigten unter Druck zu setzen und zu drohen, einzelne Maschinen oder Jobs abzuziehen, falls die Streiks ausgeweitet werden. Ich zitiere aus der Pressemitteilung des Unternehmens vom letzten Dienstag, dem 11. September:
These threatened strikes can only damage Ryanair’s business in Germany, and if they continue, will lead to base cuts and job cuts for both German pilots and cabin crew, particularly at some secondary German bases.
Sehr geehrte Damen und Herren, das ist Erpressung. Das gefährdet unser Streikrecht. Das ist so schlicht nicht hinnehmbar.
Auch nicht tolerierbar ist das Verhalten des Unternehmens, öffentlich einen Keil zwischen diejenigen, die streiken, und diejenigen, die ihre Arbeit nicht niederlegen, zu treiben. Ich habe großen Respekt vor den Streikenden, die sich diesen Drohungen von Ryanair widersetzen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass z. B. eine Forderung der Gewerkschaften lautet, dass ein Mediator aus Deutschland in diesen Konflikt eingeschaltet werden soll.
Sehr geehrte Damen und Herren, in unserer sozialen Marktwirtschaft gehört es dazu, dass die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geachtet werden. In einer sozialen Marktwirtschaft muss auch verantwortungsvoll mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen werden. Dazu gehört ordentliche Bezahlung, dazu gehören faire Arbeitsbedingungen, Mitbestimmungsrechte und ein Diskurs mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Insbesondere, aber nicht nur, vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sollte jedes Unternehmen ein Eigeninteresse haben, dies zu tun.
Keiner von uns hat sich Ryanair am Frankfurter Flughafen gewünscht. Wir konnten es uns aber auch nicht aussuchen. Ich habe heute recherchiert, bei Flugpreisen in Höhe von 7,82 € von Frankfurt-Hahn nach London wundert es mich nicht – das ist weniger, als eine Packung Fairtrade-Kaffeebohnen kostet –, dass niemand in der Lage ist, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sprechen uns gegen einen Dumpingwettbewerb am Frankfurter Flughafen aus, der auch eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen Fluglinien darstellt, die mit Ryanair im Wettbewerb stehen. Wir sind überzeugt, dass es ernsthafte Verhandlungen zwischen beiden Vertragspartnern geben muss, dass die Interessen ausgeglichen werden und faire Arbeitsbedingungen nach deutschem Arbeits- und Sozialrecht auch bei ausländischen Fluggesellschaften gelten müssen. – Vielen Dank.
Auszug aus dem Plenarprotokoll der 149. Sitzung, S.10874 – 10875
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